Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung. Fahrtkosten. Entschädigung für Zeitversäumnis
Leitsatz (amtlich)
Werden einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und die im Rechtsstreit obsiegt hat, Fahrtkosten zur Wahrnehmung eines Termins, zu dem sie persönlich geladen worden ist, nicht aus der Staatskasse erstattet, kann sie diese Kosten gegenüber dem unterlegenen Prozessgegner gem. §§ 103 ff ZPO festsetzen lassen.
Normenkette
ZPO §§ 104, 91; JVEG §§ 5, 20; RVG § 59; ArbGG § 12a
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 09.09.2009; Aktenzeichen 3 Ca 1186/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – vom 09.09.2009, Az.: 3 Ca 1186/09, teilweise abgeändert.
2. Die von der Beklagten an den Kläger gemäß § 104 ZPO zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf EUR 177,50 (in Worten: Euro einhundertsiebenundsiebzig 50/100).
3. Im Übrigen werden das Kostenfestsetzungsgesuch und die Beschwerde zurückgewiesen.
4. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Dem Kläger sind für den von ihm geführten Kündigungs- und Zahlungsrechtsstreit Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und ihm ein Rechtsanwalt und ein Verkehrsanwalt beigeordnet worden.
Zu dem Verhandlungstermin am 24.03.2009 ist der persönlich geladene Kläger angereist.
Der Rechtsstreit endete durch ein der Klage stattgebendes Endurteil, in dem der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.
Mit Schreiben von 24.06.2009 beantragte der Kläger bei dem Erstgericht die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von EUR 177,50 und eine Entschädigung wegen Zeitversäumnis in Höhe von EUR 24,– aus der Staatskasse.
Dies wurde von dem zuständigen Rechtspfleger mit Schreiben vom 25.06.2009 mit der Begründung abgelehnt, Parteikosten könnten im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht erstattet werden. Der Kläger wurde darauf verwiesen, seine Kosten gegenüber dem Kostenschuldner nach §§ 103 ff ZPO festsetzen zu lassen.
Mit Kostenfestsetzungsgesuch vom 01.07.2010 begehrte der Kläger daraufhin die Festsetzung von Fahrtkosten und einer Entschädigung für Zeitversäumnis gegenüber dem Prozessgegner in obiger Höhe gem. § 104 ZPO i.V.m. §§ 5, 20 JVEG.
Die angehörte Beklagte hat hierzu keine Stellungnahme abgegeben.
Der Rechtspfleger beim Arbeitsgericht Bamberg hat mit Beschluss vom 09.09.2010 das Gesuch zurückgewiesen. Er hat dies damit begründet, die Erstattungsansprüche des Klägers seien in entsprechender Anwendung des § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangen, der Kläger damit nicht mehr aktivlegitimiert. Im Übrigen könne eine Partei, der PKH bewilligt worden sei, „an der Staatskasse vorbei” keine Fahrtkosten gegenüber dem unterlegenen Prozessgegner durchsetzen.
Gegen den ihnen am 13.09.2010 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Telefax vom 27.09.2010 sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Rechtspfleger beim Erstgericht hat mit Beschluss vom 28.09.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Bezüglich näherer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 571 ZPO.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch EUR 200,–, § 567 Abs. 2 ZPO.
2. Die Beschwerde ist sachlich nur zum Teil begründet.
Auf Antrag des Klägers sind die ihm entstandenen Fahrtkosten in Höhe von EUR 177,50 gegenüber der Beklagten als Kostenschuldnerin gem. § 104 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 JVEG festzusetzen.
Die Kosten, die dem Kläger durch die persönliche Teilnahme an der Sitzung vom 24.03.2009 entstanden sind, stellen notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO dar. Die Kostenerstattung ist durch die Sonderregelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG auch nicht ausgeschlossen.
Die Aktivlegitimation des Klägers wird entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts durch die Regelung in § 59 RVG nicht berührt.
Das Erstgericht hatte eine Erstattung der Fahrtkosten aus der Staatskasse – entgegen der Rechtsansicht des LAG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 22.03.2007 – 2 Ta 124/07 – zitiert in Juris), der auch die Beschwerdekammer zuneigt – nämlich zuvor abgelehnt und den Kläger gerade auf das Verfahren nach den §§ 103 ff ZPO verwiesen.
Insoweit verhält sich das Erstgericht nicht nur widersprüchlich, sondern verkennt auch den Regelungsgehalt des § 59 RVG, der nur einen Forderungsübergang auf die Staatskasse hinsichtlich der Ansprüche vorsieht, die zuvor im Rahmen der bewilligten PKH aus der Staatskasse befriedigt worden sind.
An einer solchen Konstellation fehlt es im vorliegenden Fall nach der zuvor erfolgten Ablehnung einer Fahrtkostenerstattung aus der Staatskasse.
Die Beschwerde bleibt erfolglos, soweit der Kläger im Kostenerstattungsverfahren gegenüber der Beklagten Entschädigungsansprüche für Zeit...