Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung bei Klage auf wiederkehrende Leistungen. Das Additionsverbot des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG
Leitsatz (redaktionell)
1. Für Ansprüche von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen ist nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG der dreifache Jahresbeitrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
2. Betreffen die Ansprüche aus einem Haupt- und einem Hilfsantrag denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Der "Gegenstand" hängt dabei davon ab, ob eine wirtschaftliche Werthäufung vorliegt oder eine wirtschaftliche Identität der Ansprüche gegeben ist.
Normenkette
GKG §§ 42, 44-45, 63
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 03.08.2021; Aktenzeichen 8 Ca 1539/20) |
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 18.06.2021; Aktenzeichen 8 Ca 1539/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 18.06.2021 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 03.08.2021, Az. 8 Ca 1539/20, unter Zurückweisung der Beschwerde des Beklagtenvertreters abgeändert.
2. Der Gebührenstreitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 25.200,- € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, Krankenversicherungsbeiträge für den Kläger auch im Ruhestand zu tragen, hilfsweise um Schadensersatz, soweit dem Kläger höhere Versicherungsbeiträge entstehen, hilfsweise um Auskunft zu welchem Prozentsatz sich der Kläger selbst privat versichern muss. Der Kläger hat die Mehrkosten für eine private Vollversicherung mit bisherigem Leistungsanspruch mit ca 700,- € monatlich angegeben.
Das Arbeitsgericht hat den Streitwert mit Beschluss 01.03.2021 zunächst auf 25.200,- (36 × 700,- €) festgesetzt (Blatt 76 der Akten)
Das erstinstanzliche Verfahren endete durch klageabweisendes Urteil vom 10.06.2021 (Blatt 106 der Akten). Dort wurde der Streitwert auf 29.900,- € festgesetzt
Auf ein Schreiben der Beklagtenvertreter vom 16.06.2021 (Blatt 115 f der Akten) setzte das Arbeitsgericht den Gebührenstreitwert auf 40.320,- € fest. Hierbei ging es für den Antrag zu 1 von einem Wert von 25.200,- € aus, für den Hilfsantrag (Schadensersatz) von 12.600,- und für den Hilfsantrag (Auskunft) von 2.520,- €.
Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 24.06.2021, eingegangen beim Arbeitsgericht am 25.06.2021, Beschwerde ein. Er habe keinen Leistungsantrag auf wiederkehrende Leistungen gestellt. Bei einer Feststellungsklage sei ein Abschlag von 20 % zu machen. Die Festsetzung für den Hilfsantrag zu 2 (Schadensersatz) sei willkürlich erfolgt. Es gehe dem Kläger nur um die Mehrkosten. Es habe daher bei geschätzten 2.000,- € für diesen Antrag zu bleiben. Der Hilfsantrag zu 3 (Auskunft) könne deshalb auch keinen Bestand haben.
Mit Beschluss vom 03.08.2021 half das Arbeitsgericht der Beschwerde teilweise ab, setzte den Gebührenstreitwert auf 32.784,- € fest und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor. Es ging für den Antrag zu 1 vom 36-fachen Unterschiedsbetrag (700,- €) aus, nahm aber einen Abschlag von 20 % im Hinblick auf die Erhebung als Feststellungsklage vor (= 20.160,- €). Den Hilfsantrag (Schadensersatz) bewertete es mit der Hälfte dieses Betrages, den Hilfsantrag (Auskunft) mit 2.520,- €. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlusses wird auf Blatt 149 der Akten verwiesen
Das Landesarbeitsgericht gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger ist u.a. der Auffassung, dass der im Urteil festgesetzte Wert nicht geändert werden könne. Der Beklagtenvertreter verteidigt die ursprüngliche Festsetzung auf 40.320,- €. Auf den Schriftsatz des Klägers vom 24.08.2021 (Blatt 152 f der Akten) und des Beklagtenvertreters vom 27.08.2021 (Blatt 156 f der Akten) wird Bezug genommen.
B.
I. Der Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 27.08.2021 ist als Beschwerde gegen den Teilabhilfebeschluss zu werten, so dass nunmehr zwei Beschwerden zu verbescheiden sind.
II. Die Beschwerden sind zulässig. Sie sind statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richten sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt jeweils 200,- €. Die Beschwerden sind innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die Beklagtenvertreter können aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
III. Die Beschwerde des Klägers ist begründet, die der Beklagtenvertreter unbegründet. Sie führen zur Abänderung des angegriffenen Beschlusses und zur Festsetzung des Gegenstandswerts auf 25.200,- €. Die Festsetzung auf diesen Betrag konnte auch von Amts wegen erfolgen, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
1. Der im Urteil vom 10.06.2021 nach § 61 Abs. 3 ArbGG festgesetzte Streitwert ist im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen für die Gebühren nicht maßgebend (§ 62 Satz 2 GKG). Das Arbeitsgericht war daher nicht gehindert, einen ...