Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei "Regelungen bezüglich des persönlichen Verhaltens am Arbeitsplatz insbesondere hinsichtlich Sauberkeit und Aufgeräumtheit". Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei mitbestimmungswidrigen Regelungen zum Ordnungsverhalten der Beschäftigten
Leitsatz (amtlich)
1. Anordnungen des Arbeitgebers, das Bekleben betrieblicher Einrichtungen, die Führung überwiegend dienstlicher Kommunikation, das Aufräumen des Arbeitsplatzes, der Entsorgung technischen Equipments und die Benützung separater Abfallbehälter betreffend, unterliegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG, denn sie regeln den Umgang mit Firmeneigentum und betreffen schwerpunktmäßig das Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers.
2. Dagegen betreffen Beschränkungen hinsichtlich des Platzierens privater Gegenstände am eigenen Arbeitsplatz, des Belegens freier anderer Arbeitsplätze oder der Oberseite von Schränken sowie Anordnungen zur Pflege, zum Gießen und Zurückschneiden mitgebrachter privater Zimmerpflanzen schwerpunktmäßig das Ordnungsverhalten des Mitarbeiters und sind mitbestimmungspflichtig.
Normenkette
BetrVG §§ 87, 87 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 08.06.2016; Aktenzeichen 12 BV 25/15) |
Tenor
1. Die Beschwerden des Antragstellers und der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 08.06.2016, Az.: 12 BV 25/15, werden zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bestimmte Anordnungen gegenüber den Arbeitnehmern zu unterlassen.
Der Antragssteller ist der bei der Beteiligten zu 2 an deren Standort in M... gebildete 11-köpfige Betriebsrat.
Bei der Beteiligten zu 2 arbeiten ständig mehr als 400 Arbeitnehmer.
Die Beteiligte zu 2 versandte am 22.07.2015 an alle Mitarbeiter am Standort M... eine E-Mail mit dem Betreff "Rundschreiben Sauberkeit und Ordnung". Das Rundschreiben wird mit dem Satz eingeleitet:
Aus gegebenem Anlass möchten wir Sie über Regelungen bezüglich des persönlichen Verhaltens am Arbeitsplatz insbesondere hinsichtlich Sauberkeit und Aufgeräumtheit informieren, welche ab sofort zu beachten sind.
Mit Bildbeispielen unterlegt behandelt das Rundschreiben die Punkte:
- Persönliche Gegenstände dürfen nicht mehr als 10% der Arbeitsfläche einnehmen,
- Möbel, Wände, Glasflächen u.a. dürfen nicht beklebt werden,
- Freie Arbeitsplätze dürfen nicht zusätzlich belegt werden,
- Störende Kommunikation ist im "Open-Space-Bereich" zu unterlassen und in die vorhandenen "Think Tanks" zu verlegen,
- Bei Arbeitsende sind der Arbeitsplatz wegen der Reinigungsarbeiten aufgeräumt zu verlassen und unternehmensinterne Dokumente unter Verschluss zu nehmen,
- Schrankoberseiten sind nicht als dauerhafte Abstellflächen zu nutzen,
- Nicht mehr genutztes IT-Equipment ist an einer bestimmten Stelle abzugeben und aus bestand abzumelden,
- Zur Mülltrennung sind die vorhandenen Restmüll- und Biomüllbehälter zu nutzen,
- Persönlich mitgebrachte Pflanzen sind regelmäßig zu pflegen, zu gießen und zurückzuschneiden
Hinsichtlich weiterer Details wird auf den Inhalt des betreffenden Rundschreibens Bezug genommen (Bl. 32 - 42 d.A.).
Der Antragssteller ist der Auffassung, es handle sich um einseitige verbindliche Anordnungen der Arbeitgeberin, welche sämtlich seinem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterfielen.
Mit seiner am 04.09.2015 beim Arbeitsgericht Würzburg eingereichten Antragsschrift begehrt er die Unterlassung dieser Anweisungen ohne seiner vorherigen Zustimmung oder einer Entscheidung der Einigungsstelle.
Wegen der Anträge der Beteiligten und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 08.06.2016 wie folgt erkannt:
1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, den Mitarbeitern eine einseitige Anordnung dahingehend zu erteilen, dass persönliche Gegenstände (Fotos, Souvenirs und andere persönliche Gegenstände) nicht mehr als 10 % der jeweils zur Verfügung stehenden Flächen einnehmen dürfen, ohne dass die Zustimmung des Antragstellers eingeholt worden ist bzw. durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.
2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, den Mitarbeitern eine einseitige Anordnung dahingehend zu erteilen, dass jeder Mitarbeiter nur einen Arbeitsplatz belegen darf sowie Arbeitsplätze, die nicht durch einen Kollegen belegt sind, weder als Ablageflächen missbraucht och anderweitig eingenommen werden dürfen, ohne dass die Zustimmung des Antragstellers eingeholt worden ist bzw. durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.
3. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, den Mitarbeitern eine einseitige Anordnung dahingehend zu erteilen, dass die Schrankoberseiten in regelmäßigen Intervallen überprüft werden müssen und sodann alles Unnötige entfernt od...