Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriffsbestimmung Handelsvertreter. Kündigung und sonstiges
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Handelsvertreterverhältnis liegt nur vor, wenn die wesentlichen gesetzlich normierten Elemente, die das Bild des Handelsvertreters prägen, vorliegen.
2. Das ist nicht mehr anzunehmen, wenn
- der „Handelsvertreter” in einem Ladengeschäft für eine Getränkemarktkette anonyme Bargeschäfte mit Endverbrauchern tätigt und
wegen der Anonymität der Bargeschäfte
aa) vertragliche Bindungen zur Handelskette nicht vermittelt werden,
bb) Berichte über einzelne Geschäfte und Kunden im Sinn des § 86 HGB nicht in Betracht kommen,
cc) ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB ausscheidet,
dd) eine Provision nach § 87 Abs. 3 Ziff. 1 HGB nach Beendigung des Vertragsverhältnisses wegen eines angebahnten Geschäftsabschlusses nicht entstehen kann.
Normenkette
HGB § 84 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 06.09.2001 – Az.: 3 Ca 226/01 H – aufgehoben.
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 1.500,– festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen und vorsorglich ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 05.02.2001 sowie einer weiteren außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 23.02.2001.
Der Kläger war zunächst mit „Handelsvertretervertrag” vom 05.06.1998 als „Handelsvertreter” für die Beklagte tätig. Er hatte von der Beklagten in T., M. Straße 9 a ein Ladengeschäft gepachtet, um dort die Produkte der Beklagten zu vertreiben. Dieses Vertragsverhältnis endete am 29.02.2000.
Mit dem Vertrag vom 04.07./07.07.2000 wurde ein weiterer „Handelsvertretervertrag” zwischen den Parteien geschlossen mit der Maßgabe, dass der Kläger nunmehr ein Ladengeschäft in … S., Dr. … Straße 2 pachtete und die Produkte der Beklagten zu vertreiben hatte. Auf den Inhalt dieses Vertrages (Bl. 20–33 d. A.) wird verwiesen.
Der Kläger hat im Klageschriftsatz vom 21.02.2001 folgende Anträge gestellt:
- Es wird festgestellt, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 05.02.2001 unwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis über den 05.02.2001 bis 31.07.2001 ungekündigt fortbesteht.
- Es wird festgestellt, dass die mit Brief vom 05.02.2001 vorsorglich ausgesprochene Kündigung zum nächst zulässigen Termin unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis bis 31.07.2001 fortbesteht.
- Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Mit Klageerweiterung vom 28.02.2001 wandte er sich gegen eine weitere Kündigung vom 23.02.2001 mit dem Antrag:
Es wird festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten, ausgestellt von ihren Bevollmächtigten Dr. B. & Kollegen vom 23.02.2001 unwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht.
In der Klageschrift hat der Kläger auf Seite 4 ausgeführt „Rein vorsorglich beantrage ich für den Fall, dass, wenn das Arbeitsgericht meinen sollte, nicht zuständig zu sein, das Verfahren dann an das zuständige Landgericht Hof zu verweisen.” Auf Seite 5 der Klage führte er im letzten Absatz aus: „Der Kläger hat Anspruch darauf, mindestens bis 31. Juli 2001 beschäftigt zu sein, selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass arbeitsrechtlich eindeutig und unmissverständlich klargestellt ist, dass er als Arbeitnehmer beschäftigt ist und entsprechend vergütet wird.”
Das Arbeitsgericht hat zunächst mit Beschluss vom 11.04.2001 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bejaht und einen sic-non-Fall im Sinne der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2000, (NZA 01, 285; 17.01.2000, NZA 01, 341) bejaht.
Auf die Beschwerde der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg durch Beschluss vom 09.08.2000 den Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth/Kammer Hof vom 11.04.2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht Bayreuth/Kammer Hof zurückverwiesen. Das LAG hat eine Doppelrelevanz im Sinne der vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des BAG verneint und ausgeführt, der Kläger habe durch den vorsorglich im Rahmen der Klageschrift gestellten Verweisungsantrag zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen die Kündigungen auch dann wehren wolle, wenn er kein Arbeitnehmer der Beklagten sei. Damit setzten die beantragten Feststellungen nicht notwendigerweise voraus, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der angegriffenen Beendigungstatbestände in einem Arbeitsverhältnis befunden habe.
Das Arbeitsgericht hat sodann mit Beschluss vom 05.09.2001 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Hof verwiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger sei als Handelsvertreter im Sinn des § 84 Abs. 1 HGB t...