Entscheidungsstichwort (Thema)

Unanfechtbarkeit des Einstellungsbeschlusses nach Rücknahme der Beschwerde im Beschlussverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Einstellungsbeschlüsse nach §§ 81 Abs. 2, 83a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG sind keine verfahrensbeendenden Beschlüsse im Sinne von §§ 85 bzw. 91 ZPO, sondern Beschlüsse im Sinne von §§ 83 Abs. 5 bzw. 90 Abs. 3 ArbGG. Sie haben lediglich deklaratorischen Charakter. Gegen Einstellungsbeschlüsse des Landesarbeitsgerichts findet daher kein Rechtsmittel statt (§ 90 Abs. 3 ArbGG).

 

Normenkette

ArbGG § 81 Abs. 2, § 83 Abs. 5, § 83a Abs. 2, §§ 85, 89 Abs. 4, § 90 Abs. 3, §§ 91, 92 Abs. 1; ZPO § 516 Abs. 3 S. 1; ArbGG § 64 Abs. 3a, § 72 Abs. 1 S. 2, § 87 Abs. 2 S. 1, § 89 Abs. 4 Sätze 1-2, § 92 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Entscheidung vom 09.01.2014; Aktenzeichen 6 BV 31/13)

 

Tenor

1. Das Verfahren wird gemäß § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG eingestellt.

2. Der Beschwerdeführer ist des Rechtsmittels der Beschwerde verlustig.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 19.08.2014 die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 09.01.2014 - 6 BV 31/13 zurückgenommen. Daher war das Verfahren nach § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG vom Vorsitzenden einzustellen.

1. Die Rücknahme war wirksam.

Sie erfolgte zwar erst nach Verkündung der Beschwerdeentscheidung am 16.07.2014. Nach § 89 Abs. 4 Satz 1 ArbGG ist eine Rücknahme der Beschwerde jedoch jederzeit möglich, und damit auch nach Verkündung der Entscheidung des Gerichts über die Beschwerde, solange noch keine Rechtskraft eingetreten oder gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt worden ist (GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 55; GK-ArbGG/Dörner, § 89 ArbGG Rn. 58;GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn18).

Die Beschwerde ist auch in der für die Einlegung vorgeschriebenen Form erfolgt durch Einreichung eines von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schriftsatzes beim Landesarbeitsgericht (§ 89 Abs. 4 Satz 1 iVm Abs. 1 und § 11 Abs. 4 ArbGG).

Einer Zustimmung der übrigen Beteiligten bedurfte die Rücknahme der Beschwerde nicht (GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 57; Düwell/Lipke/Oesterle § 89 ArbGG Rn 28).

2. Die Rücknahme der Beschwerde hat den Verlust des Rechtsmittels zu Folge. Dies war ebenfalls durch Beschluss von Amts wegen gem. §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO auszusprechen(GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 18; GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 60). Die ergangene Beschwerdeentscheidung ist damit wirkungslos, der erstinstanzliche Beschluss bleibt jedoch bestehen (GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 18).

3. Eine Entscheidung über Kosten ergeht im Beschlussverfahren nicht. Dies gilt auch für den Einstellungsbeschluss nach § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG (GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 60;

4. Einer Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerdebedurfte es nicht. Eine solche wäre nur bei einem verfahrensbeendenden Beschluss nach § 91 ArbGG gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 3a ArbGG notwendig. Der vorliegende Einstellungsbeschluss stellt aber keinen solchen Beschluss dar (GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 22, a.A. allerdings die hM, z.B: ErfK/Koch, 14. Aufl., § 89 ArbGG Rn 7; Schwab/Weth/Busemann, ArbGG, 3. Aufl., § 89 ArbGG, Rn 54; GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 59; GK-ArbGG/Dörner, § 89 ArbGG Rn. 59 allesamt unter Berufung auf LAG Rheinland-Pfalz vom 25.06.1982 -6 TaBV 10/82).

Verfahrensbeendende Beschlüsse sind vielmehr nur die Beschlüsse gemäß §§ 84 bzw. 91 ArbGG, die dem Urteil im Urteilsverfahren entsprechen, die Beschlüsse über Anträge auf Erlass von einstweiligen Verfügungen gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG und die Beschlüsse über die Besetzung von Einigungsstellen gemäß § 98 ArbGG. Hierfür spricht bereits, dass mit Ausnahme des besonders eiligen Einigungsstellenbesetzungsverfahrens nach § 98 ArbGG alle diese Beschlüsse durch die Kammerergehen, während die Beschlüsse über die Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 81 Abs. 2, 83 a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG durch den Vorsitzenden allein erlassen werden. Schon dies stellt eine Parallele zu den meisten nach §§83 Abs. 5 bzw. 90 Abs. 3 ArbGG ergehendensonstigen Beschlüssen dar.

Außerdem erfolgt die Einstellung des Verfahrens in den Fällen der §§ 81 Abs. 2, 83 a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG von Amts wegen. Mit dem Einstellungsbeschluss ist auch keine eigene Entscheidung des Gerichts verbunden, ihm kommt lediglich eine formal verfahrensbeendende Funktion zu. Inhaltlich wird der dem Beschlussverfahren zu Grunde liegende Streit nicht entschieden. Im Gegenteil: Die Beteiligten wollen dies mit Antragsrücknahme, Erledigterklärung oder Beschwerderücknahme gerade vermeiden. Der Vorsitzende hat beim Einstellungsbeschluss keinerlei Spielraum.

Es erscheint auch nicht sinnvoll, bei einer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbeschluss, der...

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