Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung und sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stellt eine Klagepartei gleichzeitig einen Prozesskostenhilfeantrag und einen für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung bedingten Kündigungsschutzantrag, so kommt einer Prozesskostenhilfebewilligung keine Rückwirkung zu. Wird über den Prozesskostenhilfeantrag erst nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG entschieden, steht damit gleichzeitig fest, dass die Erfolgsaussicht der Kündigungsschutzklage fehlt, der Prozesskostenhilfeantrag ist abzuweisen. Es bleibt unentschieden, ob eine Kündigungsschutzklage zulässigerweise unter der Bedingung der Prozesskostenhilfebewilligung erhoben werden kann.

2. Eine Erfolgsaussicht lässt sich bei einer nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG erfolgenden Prozesskostenhilfeentscheidung auch nicht mit der Möglichkeit einer nachträglichen Klagezulassung begründen. Die Mittellosigkeit der Klagepartei ist kein Zulassungsgrund, da die Klagepartei ohne Mandatierung eines Rechtsanwalts selbst Kündigungsschutzklage erheben kann und hierfür eine Gebührenvorschusspflicht nicht besteht.

3. Auch die enttäuschte Hoffnung auf eine zeitnahe positive Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag stellt keinen Zulassungsgrund dar.

 

Normenkette

ZPO § 114; KSchG §§ 4-5

 

Verfahrensgang

ArbG Weiden (Beschluss vom 17.09.2003; Aktenzeichen 4 Ha 6/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 23.09.2003 gegen die Ablehnung der begehrten Prozesskostenhilfe für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage im Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 17.09.2003 – 4 Ha 6/03 – wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen Kündigungsschutzantrag. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.07.2003, der Klägerin zugegangen am 30.07.2003, zum 31.12.2003 gekündigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, die Klägerin rügt das Fehlen eines sozial rechtfertigenden Grundes gemäß § 1 KSchG.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.08.2003, eingegangen beim Arbeitsgericht Weiden am selben Tag, beantragte die Klägerin Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Rechtsanwaltes. Im selben Schriftsatz stellte sie „für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe” unter anderem einen Kündigungsschutzantrag.

Mit Beschluss vom 17.09.2003 wies das Erstgericht die Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsanträge mit der Begründung ab, eine Kündigungsschutzklage könne nur unbedingt erhoben werden. Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsanträge habe eine solche unbedingte Klageerhebung nicht vorgelegen und sei im Übrigen die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG bereits abgelaufen gewesen.

Mit Schriftsatz vom 23.09.2003, beim Arbeitsgericht Weiden am 24.09.2003 eingegangen, hat der Klägerinvertreter gegen den Beschluss vom 17.09.2003 sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, eine bedingte Klageerhebung sei zulässig gewesen, einer Prozesskostenhilfebewilligung komme rückwirkende Kraft zum Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes vom 05.08.2003 zu und es könne nicht zum Nachteil der Klägerin gereichen, dass das Erstgericht erst ca. sechs Wochen nach Antragstellung über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden habe.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F. statthafte sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Klägerin erstinstanzlich beabsichtigte Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 28.07.2003 hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten (§ 114 ZPO).

1. Die Klägerin greift den Beschluss des Erstgerichts, mit dem Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Kündigungsschutzklage abgelehnt worden ist, mit dem Argument an, dass eine bedingte Klageeinreichung vorliege und einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe rückwirkende Kraft für die erklärte Kündigungsschutzklage zukomme. Die Rechtsfolge einer Prozesskostenhilfe-Bewilligung im vorliegenden Fall wäre eine am 05.08.2003 beim Arbeitsgericht Weiden eingegangene Klageschrift und damit eine rechtzeitige Klageeinreichung gewesen.

Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung der Klägerin nicht.

Es kann zugunsten der Klägerin angenommen werden, dass Prozesskostenhilfeantrag und Klage gleichzeitig bei Gericht eingereicht und so in ein Hilfsverhältnis zueinander gestellt werden können, dass die Klage bedingt durch die Prozesskostenhilfe-Bewilligung erklärt sein soll (für die Zulässigkeit: Baumbach u.a., ZPO-Komm., 61. Aufl., Rdnr. 8 zu § 117 m.w.N.; Zöller u.a., ZPO-Komm., 23. Aufl., Rdnr. 10 zu § 117; OLG München, MDR 88, 972; gegen die Zulässigkeit: Thomas-Putzo, ZPO-Komm., 25. Aufl., Rdnr. 4 zu § 117). Dieses Ergebnis lässt sich damit begründen, dass keine echte, sondern nur eine Rechtsbedingung (innerprozessuale Bedingung) vorliegt. Es kann zugunsten der Klägerin weiter unterstellt werden, dass eine solche bedingte Klageerheb...

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