Die Rechtsbeschwerde ist zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Verhandlung, Überprüfbarkeit der Ermessensentscheidung durch das Beschwerdegericht. Arbeitsentgelt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung über die Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO liegt im Ermessen des Gerichts.

2. Das Beschwerdegericht kann die Ermessensentscheidung lediglich dahin überprüfen, ob das Erstgericht die Grenzen des Ermessens überschritten hat. Es ist nicht befugt, sein Ermessen an die Stelle des dem Erstgericht eingeräumten Ermessens zu setzen.

 

Normenkette

ZPO § 148

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 26.11.2002; Aktenzeichen 9 Ca 1185/02)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.11.2002 – 9 Ca 1185/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird für den Kläger zugelassen.

3. Für die Beschwerdeinstanz wird der Wert des Streitgegenstandes auf EUR 16.156,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über Lohnansprüche für die Monate Februar 2001 bis einschließlich Januar 2002 in Höhe von EUR 80.784,–.

Der am 02.10.1949 geborene Kläger ist seit 01.10.1965 bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger ist Mitglied des so genannten „Oberen Führungskreises” und verdiente zuletzt ca. EUR 127.822,97 jährlich. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.11.2000 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Auf die hiergegen gerichtete Klage des Klägers – geführt beim Arbeitsgericht Nürnberg unter dem Geschäftszeichen 9 Ca 8960/00 stellte das Arbeitsgericht mit Endurteil vom 27.11.2001 fest, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die hiergegen von der Beklagten eingereichte Berufung ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg unter dem Geschäftszeichen 7 Sa 665/02 anhängig.

Mit Beschluss vom 26.11.2002 hat das Arbeitsgericht Nürnberg die Verhandlung des vorliegenden Verfahrens auf Annahmeverzugslohn bis zur Erledigung des beim Landesarbeitsgericht anhängigen Kündigungsschutzverfahrens 7 Sa 665/02 ausgesetzt. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien zum Aussetzungsantrag und der Entscheidungsgründe wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 68 bis 71 d.A.).

Gegen den dem Klägervertreter am 05.12.2002 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.12.2002, beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Der Kläger meint, dass die Verhandlung nicht hätte ausgesetzt werden dürfen. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.12.2002 (Bl. 78 bis 82 d.A.) und wegen des Vorbringens der Beklagten auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 09.01.2003 (Bl. 96 bis 100 d.A.) verwiesen.

Mit Beschluss vom 16.01.2003 hat das Arbeitsgericht Nürnberg der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der Begründung dieses Beschlusses wird auf Bl. 102 d.A. verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Das vom Kläger beim Arbeitsgericht Nürnberg am 19.12.2002 eingelegte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde, über das der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts allein entscheiden kann, ist statthaft und zulässig, §§ 252, 567 ZPO, 78 Sätze 1 und 3 ArbGG.

2.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a)

Gemäß § 148 ZPO darf das Gericht die Verhandlungsaussetzung beschließen, falls die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreites bildet. Die Anordnung steht im Ermessen des Gerichts (h.M., z.B. Zöller u.a., ZPO-Komm., 23. Auflage, Rdnr. 7 zu § 148; nach Meinung des BAG sogar im freien Ermessen: AP Nr. 11 zu § 394 BGB; dem BAG folgend LAG Nürnberg, NZA 87,211). Der Umstand, dass dem Erstgericht auf der Rechtsfolgenseite des § 148 ZPO ein Ermessen eingeräumt ist und es sich hier nicht nur um einen rechtlich gebundenen Beurteilungsspielraum handelt, wie er oft bei Prüfungen auf der Rechtsvoraussetzungsseite der Norm vorliegt, hat Auswirkung auf die Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts. Das Beschwerdegericht hat den Entscheidungsspielraum des Erstgerichts zu achten (MK-ZPO, 2. Aufl., Rdnr. 26 zu § 252). Der Prüfung des Beschwerdegerichts unterliegt lediglich, ob das Erstgericht die Grenzen des ihm durch § 148 ZPO eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens bei der Anordnung der Aussetzung überschritten hat (OLG Düsseldorf, NJW 85, 1967). Es kann die angegriffene Entscheidung nur auf etwaigen Missbrauch des Ermessens überprüfen (Musielak, ZPO-Komm., 3. Aufl., Rdnr. 4 zu § 252), das heißt darauf, ob sich das Erstgericht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (Dahlem-Wiesner, NZA-RR 2001, 173). Das Beschwerdegericht ist nicht befugt, sein Ermessen an die Stelle des dem Erstgericht eingeräumten Ermessens zu setzen (OLG Düsseldorf, NJW 85, 1967). Da der Ermessensspielraum des § 148 ZPO weit ist, wird ein Entscheidu...

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