Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für Auflösungsantrag gemäß § 9 KSchG. Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch nach der neuen Regelung des § 42 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 GKG ist ein Auflösungsantrag nach § 9 KSchG streitwertmäßig nicht gesondert zu berücksichtigen. Entgegen LAG Berlin vom 30.12.1999, 7 Ta 6121/99 = LAGE § 12 Streitwert Nr. 119 b ist nicht zwischen Auflösungsantrag und Abfindungsbetrag bei der Streitwertfestsetzung zu unterscheiden.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4 S. 1 Hs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 23.03.2005; Aktenzeichen 2 Ca 8116/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.03.2005 Az.: 2 Ca 8116/04 abgeändert:

Der Streitwert wird auf 16.184,34 EURO festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde richtet sich dagegen, dass das Arbeitsgericht den Auflösungsantrag Streitwert erhöhend berücksichtigt hat sowie dagegen, dass die drei Abmahnungen vom 18.11.2004 jeweils mit einem vollen Monatsgehalt bewertet wurden.

Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.

1. Nach ständiger Rechtssprechung des LAG Nürnberg kann das Beschwerdegericht das Ermessen des Erstgerichts bei der Streitwertfestsetzung nicht ersetzen. Damit kann nur geprüft werden, ob das Arbeitsgericht sein Ermessen ausgeübt und dabei die gesetzten Grenzen eingehalten hat (vgl. Beschluss des LAG Nürnberg vom 24.01.2005, 2 Ta 7/05 m.w.N.).

2. Auch nach diesem Prüfungsmaßstab ist die Beschwerde begründet.

a) Das Ermessen ist nur dann zutreffend ausgeübt, wenn auch alle für die Ermessensausübung relevanten Umstände Berücksichtigung gefunden haben. Hinsichtlich der Wertberechnung für die drei Abmahnungen vom 18.11.2004 ist nicht nur die Erteilung der Abmahnung vom selben Datum zu berücksichtigen, sondern insbesondere, dass sich alle drei Abmahnungen auf die Anweisung vom 15.11.2004 beziehen, nämlich die Umsetzung des Mitarbeiters C… zum Bauvorhaben D…. Die zweite und dritte Abmahnung vom 18.11.2004 rügen damit ebenso wie die erste Abmahnung vom 18.11.2004, dass der Kläger die Umsetzung des Mitarbeiters C… auf die Baustelle D… nicht vorgenommen hat. Das dem Kläger vorgehaltene Unterlassen der Umsetzung wirkte sich demnach zwar auch am 16. und 17.11.2004 aus, so dass insofern die drei Abmahnungen vom 18.11.2004 nicht völlig identisch sind, jedoch beziehen sich alle drei Abmahnungen auf dieselbe Anweisung. Die Berücksichtigung dieses Umstandes führt dazu, dass nicht alle drei Abmahnungen vom jeweils 18.11.2004 mit einer vollen Monatsvergütung zu bewerten sind. Das Beschwerdegericht setzt für die drei Abmahnungen vom 18.11.2004 deshalb einen Wert von insgesamt einer Monatsvergütung (2.470,78 EURO) fest.

b) Ob der bezifferte Auflösungsantrag bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen ist, stellt zunächst keine Ermessensfrage dar, sondern beurteilt sich danach, ob § 42 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz GKG Anwendung findet. Das Arbeitsgericht, das die Abfindung mit dem vollen Betrag von 12.335,90 EURO als zusätzlichen Wert angesetzt hat, stützt sich auf das LAG Berlin vom 30.12.1999, 7 Ta 6121/99 = LAGE § 12 Streitwert Nr. 119 b, sowie auf die Kostenteilung nach § 92 ZPO im Falle der teilweisen Abweisung des Antrags hinsichtlich einer bezifferten Abfindungssumme (BAG vom 26.06.1986, 2 AZR 522/85).

Das LAG Berlin hat in der Entscheidung vom 08.07.1999 ausgeführt, der Streitwert für den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers sei auf den Betrag einer Bruttomonatsvergütung festzusetzen. Die Höhe einer Monatsvergütung hat das Arbeitsgericht mit 2.470,78 EURO angenommen, wie sich aus einer Rückrechnung der einzelnen Positionen des Streitwertbeschlusses ergibt. Mit dem LAG Berlin wäre danach nur eine Wertfestsetzung von 2.470,78 EURO in Betracht gekommen. Dem LAG Berlin kann jedoch nicht gefolgt werden. Es hat ausgeführt, erst dann, wenn über die Kündigungsstreitigkeit entschieden und damit deren Streitgegenstand erledigt worden sei, könne über den stets hilfsweise gestellten Auflösungsantrag entschieden werden, so dass verschiedene Streitgegenstände anzunehmen seien. Auch der Zweck des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG (der damals einschlägig war) stehe der Hinzurechnung des Werts des Feststellungsantrags nicht entgegen. Dieser sei bereits ausreichend berücksichtigt dadurch, dass der Streitwert über die Feststellungsklage auf drei Monatsvergütungen begrenzt sei. Schließlich ergebe sich die Notwendigkeit, den Auflösungsantrag selbständig zu bewerten auch dann, wenn in erster Instanz die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verlangt worden sei und eine Partei nur deswegen Berufung einlege, weil sie ihren eigenen, in erster Instanz erfolglos gebliebenen Auflösungsantrag zum Erfolg verhelfen wolle oder weil sie den in erster Instanz erfolgreichen gegnerischen Auflösungsantrag weiter bekämpfen wolle. Dem ist nicht zu folgen:

aa) Der im Urteil festgesetzte Abfindungsbetrag kann nach § 42 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz GKG (früher § 12 Abs. 7 ArbGG) nicht berücksichtigt werd...

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