Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageänderung in der Berufungsbegründung. Sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stützt ein Kläger im Berufungsverfahren seinen Klageanspruch erstmals auf einen neuen Lebenssachverhalt, liegt eine unzulässige Klageänderung vor.

2. Ein im Berufungsverfahren neu eingeführter prozessualer Anspruch stellt kein Angriffsmittel i.S. des § 67 ArbGG dar; § 67 ArbGG ist nicht einschlägig.

 

Normenkette

ZPO § 533; ArbGG § 67

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 09.08.2006; Aktenzeichen 3 Ca 236/06 S)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 09.08.2006 – Az. 3 Ca 236/06 S – wird zurückgewiesen.

2. Die in der Berufungsinstanz geltend gemachte Klageerweiterung im Umfang von EUR 2.808,55 wird abgewiesen.

3. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz die Klage auf neue Tatsachen gestützt hat, wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

4. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 09.08.2006 – Az. 3 Ca 236/06 S – teilweise abgeändert und die in erster Instanz erhobene Klage insgesamt abgewiesen.

5. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits (erster und zweiter Instanz) zu tragen.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Der am 21.06.1947 geborene Kläger war vom 01.04.1969 bis 30.09.2002 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Direktor der Niederlassungen in C. und D..

Zum 30.09.2002 schied der Kläger krankheitsbedingt aus dem Unternehmen der Beklagten aus. Nach Nr. 4 der geschlossenen Abwicklungsvereinbarung vom 05./21.11.2002 sollten ihm unverfallbare Rentenansprüche erhalten bleiben. Rechtsgrundlage für die Rentenansprüche des Klägers ist die Ruhegeldordnung vom 30.12.1975 in Verbindung mit der Versorgungszusage vom 02.01.1980, in § 18 des Regelwerkes auch „Versorgungsordnung” genannt (im Folgenden: VO).

Die VO lautet auszugsweise:

§ 2

Versorgungsleistungen

Nach Erfüllung der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen werden als Versorgungsleistungen gewährt:

  1. Altersrente und vorgezogene Altersrente
  2. Invalidenrente
  3. Witwenrente
  4. Waisenrente

§ 3

1. …

2. Bei Ansprüchen von Mitarbeitern, die vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschieden sind oder von deren Hinterbliebenen, für die die gesetzlichen Voraussetzungen über die Unverfallbarkeit gegeben sind, bestimmen sich Art, Höhe und Fälligkeit der Anwartschaft ausschließlich nach den gesetzlichen Vorschriften. (Siehe Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974.)

§ 4

1. …

2. …

3. …

4. …

5. Die so errechnete Altersrente wird für jeden Monat, um den die Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,5 v.H. ihres Betrages vor Anwendung des § 8 der Versorgungsordnung gekürzt, höchstens jedoch für 24 Monate.

6. Der Kürzungsfaktor vermindert sich – sofern sich der Rentenberechtigte beim Ausscheiden im Dienste der Firma befindet – für jedes Jahr der anrechnungsfähigen Dienstzeit vom 21. Dienstjahr an um 0,05 v.H., so dass bei einer Dienstzeit von 30 und mehr Jahren keine Kürzung mehr erfolgt.

§ 5

1. Die Invalidenrente wird dem Mitarbeiter gewährt, wenn er vor Erreichen der Altersgrenze (§ 4) aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und nachweist, dass er berufs- oder erwerbsunfähig ist.

2. …

3. Die Invalidenrente ist unter Beifügung des Rentenbescheides des Rentenversicherungsträgers zu beantragen. Änderungen des Rentenbescheides sind dem Unternehmen unverzüglich bekanntzugeben.

4. Vor jeder Änderung der Feststellung der Invalidität durch den Rentenversicherungsträger hat der Versorgungsempfänger dem Unternehmen Kenntnis zu geben.

5. Die Höhe der Invalidenrente bestimmt sich nach der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erreichten Anwartschaft auf Altersruhegeld

Mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 23.02.2004 wurde dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 02.09.2003 ab 01.10.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt.

Die Beklagte zahlte an den Kläger seit 01.10.2003 einen monatlichen Rentenbetrag in Höhe von EUR 718,83. Sie kürzte den bei einem Verbleiben des Klägers bis zum 65. Lebensjahr erreichbaren maximalen Rentenbetrag von EUR 927,50 wegen des bereits am 30.09.2002 erfolgten Ausscheidens gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BetrAVG.

Der Kläger hat vorgetragen:

Er sei vor Eintritt des Versorgungsfalles (01.10.2003) wegen Arbeitsunfähigkeit ausgeschieden. Eine Kürzung des maximalen Anspruchs sei angesichts seiner über 30jährigen Betriebszugehörigkeitsdauer gemäß des auf ihn anwendbaren § 4 Abs. 6 VO, der den Ausschluss der Kürzung regele, nicht zulässig. Ihm stehe für die Zeit Oktober 2003 bis Juli 2006 der Kürzungsbetrag von monatlich EUR 208,67 zu.

Die Beklagte hat die Kürzung auf §§ 3 Abs. 2 VO, 1 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BetrAVG gestützt.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Einzelnen und ihrer Anträge wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 09.08.2006 (Bl. 147-150 d.A.) verwie...

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