Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei ordentlicher Kündigung einer langjährig im öffentlichen Dienst beschäftigten Verwaltungsangestellten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD reicht eine Vorbeschäftigung bei irgendeinem öffentlichen Arbeitgeber nicht aus. Es ist vielmehr erforderlich, dass es sich um denselben Arbeitgeber handelte.

2. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD bleiben die Beschäftigten, die nach den bis 30.09.2005 geltenden Bestimmungen unkündbar waren, weiterhin unkündbar.

3. Gemäß § 14 Abs. 1 TVÜ-VKA werden die vor dem 01.10.2005 zurückgelegten Beschäftigungszeiten als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TVöD nur insoweit berücksichtigt, als sie nach Maßgabe der jeweiligen tarifrechtlichen Vorschriften anerkannt waren.

 

Normenkette

TVöD § 34; TVÜ-VKA § 14; TVöD § 34 Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3; TVÜ-VKA § 14 Abs. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 05.02.2016; Aktenzeichen 6 Ca 3148/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.02.2018; Aktenzeichen 6 AZR 137/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 05.02.2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die Klägerin, geboren am 14.01.1972, war seit 13.08.1991 zunächst bei der Stadt A..., dann bis 31.12.2014 bei der Stadt V... als Verwaltungsangestellte beschäftigt.

Mit Vertrag vom 30.09.2014 wurde die Klägerin zum 01.01.2015 von der Beklagten eingestellt.

Dem Arbeitsverhältnis lagen die tarifvertraglichen Regelungen u.a. des TVöD zugrunde (§ 2 Arbeitsvertrag). In § 3 des Arbeitsvertrags hatten die Parteien eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrags war die Klägerin in die Entgeltgruppe 10 Stufe 5 eingruppiert.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.05.2015 zum 30.06.2015.

Die Klägerin erhob gegen die Kündigung am 12.06.2015 Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg.

Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Endurteil vom 05.02.2016 ab. Das Urteil wurde der Klägerin am 16.06.2016 zugestellt.

Die Klägerin legte am Montag, den 18.07.2016, Berufung ein und begründete sie am 16.09.2016. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.

Die Klägerin macht geltend, sie sei gemäß § 34 Absatz 2 TVöD unkündbar. Sie habe zum Kündigungszeitpunkt das 40. Lebensjahr vollendet gehabt und eine über 15jährige ununterbrochene Tätigkeit im öffentlichen Dienst zurückgelegt. Insoweit sei unerheblich, dass sie die Beschäftigungszeit nicht bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt habe. Es seien auch die Zeiten der Beschäftigung bei der Stadt A... und der Stadt V... zugrunde zu legen. Eine Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten ergebe sich auch aus § 14 Absatz 1 TVÜ-VKA.

Die Klägerin führt aus, sie könne sich darüber hinaus auch auf Vertrauensschutz berufen.

Der Wechsel zur Beklagten sei nur erfolgt, weil sie, die Klägerin, davon ausgegangen sei, zum einen bereits unkündbar zu sein, zum anderen, dass ihre gesamten Berufsjahre auf die Beschäftigungszeit angerechnet würden. Dies sei von ihr frühzeitig gegenüber der Beklagten kommuniziert worden. Die Beklagte habe dies aufgegriffen und ihr eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD gewährt. Damit habe die Beklagte einen Vertrauensstand geschaffen, der sie veranlasst habe, den Arbeitsvertrag vom 30.09.2014 zu unterschreiben.

Die Klägerin trägt vor, die Kündigung sei aufgrund einer nicht vollziehbaren Animosität ihres Vorgesetzten, Herrn S..., erfolgt. Es sei ihr aufgrund der Willkür des Herrn S... verwehrt geblieben, sich ausreichend in die Verwaltungsvorgänge einzuarbeiten.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 05.02.2016, AZ: 6 Ca 3148/15, zugestellt am 16.06.2016, wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.05.2016 nicht zum 30.06.2015 beendet worden ist.

3. Die Beklagte und Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Die Beklagte trägt vor, es komme auf die Beschäftigungszeit an, die die Klägerin bei ihr zurückgelegt habe. Die Kündigung sei nicht willkürlich gewesen. Die Klägerin habe die ihr übertragenden Aufgaben nicht zu ihrer Zufriedenheit erledigt. Sie habe Fehler gemacht.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Kündigung der Beklagten hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 30.06.2016 beendet. D...

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