Rechtsmittel ist zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsklage (Vergleich/Präklusion/Auslegung/Rechtsmissbrauch). sonstiges
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einen Vergleich eine sich aus mehreren Monatsvergütungen zusammensetzende saldierte Klageforderung ebenfalls als Saldo ohne Aufführung einer Leistungsbestimmung aufgenommen, kann zur Leistungsbestimmung des Vergleichsbetrages die Zuordnung in der Klage herangezogen werden.
2. Hat der Arbeitnehmer auf diesen Vergleichsbetrag Zahlungen der BA erhalten und wurden diese weder in seiner ursprünglichen Klageforderung noch im Vergleich berücksichtigt, kann der Arbeitgeber bei Inanspruchnahme durch die BA grundsätzlich eine Zahlung an den Arbeitnehmer verweigern, selbst wenn übergegangene Ansprüche im Vergleichstext nicht gesondert vorbehalten wurden.
3. Die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO gilt nicht für einen Vergleich.
Der Ausschluss der Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO bedeutet jedoch nicht, dass dem Vergleich noch jedwede frühere Einwendung entgegengehalten werden könnte. Ob und welche Einwendungen ausgeschlossen sind ist im Wege der Auslegung des Vergleichs zu ermitteln.
4. Die vollstreckungsrechtliche Geltendmachung von auf die BA übergegangener Ansprüche durch den Arbeitnehmer kann auch bei Vorliegen einer Überleitungsanzeige (an den Arbeitgeber) rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Arbeitnehmer erhaltene Zahlungen nicht in seiner Klage berücksichtigt und solche bei Vergleichsabschluss nicht angegeben hat.
Normenkette
ZPO § 767 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 2 Ca 11314/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.01.2004 – Az.: 2 Ca 11314/03 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege der Vollstreckungsabwehrklage um die Zulässigkeit der Vollstreckung eines Teilbetrages von EUR 584,64 aus einem zwischen ihnen abgeschlossenen Vergleich.
Im Verfahren 2 Ca 7567/03 vor dem Arbeitsgericht Nürnberg hatte sich der hiesige Beklagte, dortige Kläger, gegen die Wirksamkeit zweier Kündigungen (vom 30.06.2003 und 24.07.2003 zum 30.09.2003) gewandt und Zahlung von Gehalt und Spesen begehrt. Mit seiner dortigen Klageschrift vom 31.07.2003 hatte der dortige Kläger geltend gemacht Gehalt für Mai 2003 in Höhe von EUR 1.586,58 und für Juni in Höhe von EUR 1.586,58 sowie Spesen für Februar, März, April, Mai und Juni mit insgesamt EUR 1.100,–. Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 18.09.2003 begehrte er weiterhin Zahlung des Gehalts für Juli und August 2003 mit je EUR 1.586,58 sowie Spesen für Juli und August 2003 in Höhe von je EUR 220,–. Die Gehaltsforderung betrug insgesamt EUR 6.346,32, die Spesenforderung insgesamt EUR 1.540,–.
Mit Schreiben vom 01.09.2003 erfolgte an den damaligen Beklagten eine Überleitungsanzeige der Bundesanstalt für Arbeit.
In jenem Verfahren schlossen die Parteien am 01.10.2003 einen Vergleich, in welchem sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2003 vereinbarten, der dortige Beklagte an den dortigen Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 6.346,32 brutto sowie einen Betrag in Höhe von EUR 660,– netto (Spesen) zu zahlen hatte und im Übrigen sämtliche gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich dessen Beendigung abgegolten und erledigt sein sollten. Dieser von beiden Parteien bis 13.10.2003 widerrufliche Vergleich wurde nicht widerrufen.
Mit Schreiben vom 14.11.2003 bezifferte die Bundesanstalt ihre Forderung gegenüber dem damaligen Beklagten auf EUR 584,64 als für die Zeit vom 11.08.2003 bis 31.08.2003 an den Arbeitnehmer bezahltes Arbeitslosengeld.
Mit Vollstreckungsgegenklage vom 25.11.2003 zum Arbeitsgericht Nürnberg begehrte der damalige Beklagte, hiesige Kläger, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich in Höhe eines Teilbetrages von EUR 584,64 für unzulässig zu erklären, da er gesetzlich verpflichtet sei, den übergegangenen Teilbetrag an die Bundesanstalt für Arbeit zu bezahlen, die Vollstreckung dieses (weiteren) Vergleichsbetrages nicht mehr zulässig sei, da sonst der (damalige) Kläger in der Zeit vom 11.08. bis 31.08.2003 doppelt Ansprüche erhielte.
Am 28.01.2004 verkündete das Arbeitsgericht Nürnberg unter dem Aktenzeichen 2 Ca 11314/03 folgendes Endurteil:
- Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Nürnberg vom 01.10.2003 – 2 Ca 7567/03 – wird in Höhe eines Teilbetrages von EUR 584,64 für unzulässig erklärt.
- Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Der Streitwert wird auf EUR 584,64 festgesetzt.
- Die Berufung wird zugelassen.
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses dem Beklagten am 10.02.2004 zugestellten Endurteils wird verwiesen.
Hiergegen legte dieser mit Schriftsatz vom 10.03.2004 Berufung ein. Hinsichtlich der weiteren Formalien der Berufung wird auf die protokollarischen Feststellungen vom 23.02.2005 verwiesen.
In seiner Berufungsbegründungsschrift vom 10...