Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung. Streitlosstellung eines Arbeitnehmeranspruchs. Höhe der Verzugszinsen. Arbeitsentgelt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Berufungsbegründungsschrift vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist beim Arbeitsgericht eingereicht, ist die Frist nur dann gewahrt, wenn der Schriftsatz rechtzeitig vor Fristablauf beim Berufungsgericht eingeht.

2. Beruht die Einreichung beim Arbeitsgericht darauf, dass eine sonst zuverlässige Kanzleimitarbeiterin versehentlich die Fax-Nummer des Arbeitsgerichts (statt des Landesarbeitsgerichts) eingegeben hat, und hatte der Prozessvertreter seiner Mitarbeiterin die Weisung gegeben, bei Fax-Sendungen den ordnungsgemäßen Zugang zu überprüfen, ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren.

3. Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, dass er „die Lohnzahlungspflicht korrigieren (werde)”, kann diese Erklärung dahin ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber sämtliche noch offene Lohnansprüche, die der Höhe nach unstreitig sind, anerkennt. Ausschlussfristen sind dann vom Arbeitnehmer nicht einzuhalten.

4. Werden Zinsen in Höhe von „5 % über dem Basiszinssatz” verlangt, können Zinsen nur in dieser Höhe zugesprochen werden (und nicht in Höhe der wesentlichen höheren in § 288 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehenen „5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz”).

 

Normenkette

ZPO § 233; BGB § 288 Abs. 1 S. 2, § 286; ZPO § 308 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 09.06.2004; Aktenzeichen 4 Ca 9257/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.06.2004 – Az. 4 Ca 9257/03 – abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.242,70 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 15.03.2003 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist trägt die Klägerin, die übrigen Kosten die Beklagte.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Lohnfortzahlungsansprüche der Klägerin wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.

Am 04.02.2003 wurden von den die Klägerin behandelnden Ärzten zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erstellt. Die eine bescheinigte eine Arbeitsunfähigkeit vom 03.02. bis 05.02.2003, die andere eine Arbeitsunfähigkeit vom 04.02. bis 23.02.2003. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gingen der Beklagten am 05.02.2003 zu. Anfang Februar 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 21.02.2003. Mit Schreiben vom 26.02.2003 (Bl. 39 d.A.) teilte der Klägerinvertreter der Beklagten mit, dass das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der regulären tariflichen Kündigungsfrist von 14 Tagen erst zum 24.02.2003 ende, die Klägerin zur Zeit arbeitsunfähig krank sei und deshalb Entgeltfortzahlung für zwei Tage während der Krankheit zu leisten sei. Mit Schreiben vom 04.03.2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass „das Enddatum auf den 24.02.2003 und dementsprechend auch die Lohnzahlungspflicht korrigiert (werde)”. Mit Klage vom 13.06.2003 (Arbeitsgericht Nürnberg Az.: 14 Ca 5745/03) begehrte die Klägerin Zahlung der Vergütung für die Krankheitstage Samstag, den 22.02.2003 und Montag, den 24.02.2003, nachdem die Klägerin regelmäßig sechs Tage wöchentlich arbeitete. Die Beklagte erfüllte die Ansprüche für diese beiden Tage aufgrund eines geschlossenen Vergleichs.

Mit der vorliegenden, am 25.09.2003 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Klage macht die Klägerin die offenen Lohnfortzahlungsansprüche für die Zeit vom 03.02. bis 21.02.2003 geltend. Die Beklagte lehnte diese Ansprüche mit Schreiben vom 30.05.2003, der Klägerin am 03.06.2003 zugegangen, ab.

Wegen des übrigen erstinstanzlichen Vorbringens und der Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils vom 09.06.2004 (Bl. 71-75 d.A.) Bezug genommen. Das Erstgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Ansprüche seien wegen der Versäumung der in § 23 Abs. 2 des auf das Arbeitsverhältnis unstreitig anzuwendenden allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk vom 01.09.2000 (im Folgenden: RTV-Gebäudereinigerhandwerk) geregelten Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung erloschen. Wegen der weiteren Ausführungen des Erstgerichts wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 75-77 d.A.).

Gegen das der Klägerin am 20.07.2004 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz vom 18.08.2004, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 19.08.2004 eingegangen, Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 20.10.2004 – mit Schriftsatz vom 19.10.2004 begründet. Dieser Schriftsatz ist zwar an das Landesarbeitsgericht Nürnberg adressiert, aber mit der Faxnummer des Arbeitsgerichts Nürnberg versehen worden. Dort ist das Fax am 20.10.2004 um 14.40 Uhr eingegangen und am 21.10.2004 dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zugeleitet worden. Wegen der Fristversäumung beantragt der Klägerinvertreter W...

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