Entscheidungsstichwort (Thema)
unzulässiges Teilurteil. Zurückverweisung. Teilurteil
Leitsatz (amtlich)
Der Erlass eines Teilurteils in einem Kündigungsschutzprozess über eine von mehreren Kündigungen, die zwar zeitlich vor einer weiteren Kündigung ausgesprochen worden ist, jedoch zu einem späteren Entlassungstermin das Arbeitsverhältnis beenden soll, ist unzulässig. Befasst sich das Erstgericht auch in dem Gründen seiner Entscheidung nicht mit der weiteren Kündigung zu dem früheren Entlassungstermin, ist das Ersturteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Normenkette
ArbGG §§ 64, 301; ZPO § 538; KSchG § 4
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Teilurteil vom 06.11.2009; Aktenzeichen 10 Ca 9/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.11.2009, Az.: 10 Ca 9/09, aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Nürnberg zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – zurückverwiesen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigungen vom 30.12.2008 und 07.04.2009 sowie um Annahmeverzugslohn.
Der am 14.09.1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 1983 als Rettungsassistent beschäftigt und bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von EUR 2.750,00.
Wegen behaupteter mehrfacher Arbeitszeitverstöße kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.12.2008 (Kopie Bl. 3 d. A.) unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende zum 31.07.2009. Mit Schreiben vom 07.04.2009 (Kopie Bl. 82 d. A.) sprach die Beklagte eine fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus, d. h. zum 30.11.2009.
Der Kläger hat gegen beide Kündigungen mit seiner Klage vom 02.01.2009 und seinem Schriftsatz vom 15.04.2009 Kündigungsschutzklage erhoben und mit weiterem Schriftsatz vom 06.10.2009 Vergütungsansprüche ab dem 08.04.2009 eingeklagt.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hatte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2009 am 06.11.2009 ein Teilurteil erlassen, in dem festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 07.04.2009 weder außerordentlich und fristlos mit sofortiger Wirkung noch hilfsweise ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist aufgelöst wurde.
In den Entscheidungsgründen dieses Urteils hat das Arbeitsgericht Nürnberg ausgeführt, dass mit dem vorliegenden Teilurteil lediglich über die ordentliche Kündigung vom 30.12.2008 zum 31.07.2009 entschieden worden ist und über die Klageanträge in den Schriftsätzen vom 15.04.2009 und 06.10.2009 im Schlussurteil entschieden werden wird. Im Rahmen der Begründetheit befasste sich das Teilurteil lediglich mit dem Kündigungssachverhalt, der der ordentlichen Kündigung vom 30.12.2008 zugrunde gelegt worden ist.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29.03.2010 zugestellte Urteil haben diese mit Telefax vom 19.04.2010 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 30.06.2010 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax vom 30.06.2010 begründet.
Die Beklagte rügt, dass sich das angegriffene Teilurteil entgegen des Inhalts des Tenors nicht mit den Kündigungssachverhalten auseinandergesetzt hat, die Gegenstand der fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 07.04.2009 gewesen sind. Im Weiteren begründet die Beklagte die soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung vom 30.12.2008 und den wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung vom 07.04.2009.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:
- Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.11.2009 (Az.: 10 Ca 9/09) wird aufgehoben.
- Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Zur Begründung trägt er im Einzelnen vor, weshalb weder die ordentliche Kündigung vom 30.12.2008 noch die weitere Kündigung vom 07.04.2009 geeignet seien, sein Arbeitsverhältnis rechtswirksam zu beenden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
II.
Die Berufung ist sachlich begründet.
Sie führt zur Aufhebung des ergangenen Teilurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht Nürnberg, denn das ergangene Teilurteil war unzulässig. Vor
einer Prüfung und Entscheidung über die fristlose Kündigung vom 07.04.2009 hätte das Erstgericht weder Feststellungen über die fehlende Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2009, wie in den Entscheidungsgründen geschehen, noch zum 30.11.2009, wie im Tenor geschehen, treffen dürfen. Insoweit waren die Kündigungsschutzanträge in Bezug auf die ord...