Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer durch ein verbundenes Unternehmen erfolgten Anzeige an die Agentur für Arbeit. Wirksamkeit von durch ein bevollmächtigtes verbundenes Unternehmen vorgenommenen Rechtshandlungen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Frage, ob eine rechtliche Vertretung im Sinne des § 2 Absatz 2 Nr. 6 RDG vorliegt, kommt es nicht darauf an, um welches Rechtsgeschäft es sich handelt, sondern darauf, ob das rechtliche Tätigwerden für ein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 AktG erfolgt.

 

Normenkette

RDG §§ 2-3; AktG § 15

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Entscheidung vom 26.04.2017; Aktenzeichen 4 Ca 501/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.05.2019; Aktenzeichen 2 AZR 582/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 26.04.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war seit 01.03.2007 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde. Danach wurde der Kläger als Kfz - Meister eingestellt.

Der Kläger weist einen Grad der Behinderung von 30 auf. Er ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat.

Die A.-Deutschland AG schloss in Vertretung der Beklagten am 19.11.2015 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich/Sozialplan mit Namensliste. In der dortigen Präambel heißt es, der Vorstand der A.-Deutschland AG habe in Vertretung der Beklagten die Entscheidung getroffen, die Werkstätten an den Standorten Berlin, Coburg, Köln, Mannheim, Neufahrn, Nürnberg und Schweinfurt an einen oder an mehrere Dritte zu verkaufen. Für den Fall, dass sie nicht verkauft würden, sei die Stilllegung beschlossen worden. Die Standorte Berlin, Köln, Mannheim, Neufahrn und Schweinfurt hätten nicht verkauft werden können. Sie seien deshalb bereits stillgelegt worden.

Wegen des Inhalts des Interessenausgleichs/Sozialplans im Übrigen wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 67 ff d. A.).

Die LKW- Werkstatt in Coburg wurde an die B-Service GmbH verkauft. Die PKW-Werkstatt in Coburg wurde zum 31.12.2015 stillgelegt.

In einer gemeinsamen Erklärung vom 28.01.2016 informierten die Beklagte und die BService GmbH die Mitarbeiter über den Betriebsübergang.

Mit Schreiben vom 25.02.2016 ließ der Kläger dem Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die B-Service GmbH widersprechen.

Die Beklagte, vertreten durch die A.-Deutschland AG, beantragte beim Integrationsamt die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers. Das Integrationsamt stimmte der Kündigung mit Bescheid vom 23.05.2016 zu.

Unter dem 27.05.2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2016.

Der Kläger erhob am 06.06.2016 gegen die Kündigung Klage zum Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg.

Im Gütetermin am 02.08.2017 erließ das Arbeitsgericht Bamberg auf Antrag der Beklagten ein Versäumnisurteil, mit dem die Klage abgewiesen wurde. Gegen das Versäumnisurteil legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.

Mit Endurteil vom 26.04.2017 wurde das Versäumnisurteil vom 02.08.2017 aufrechterhalten.

Das Urteil wurde dem Kläger am 12.06.2017 zugestellt.

Der Kläger legte gegen das Endurteil am 07.07.2017 Berufung ein und begründete sie am 28.07.2017.

Der Kläger macht geltend, eine rechtliche Vertretung der Beklagten durch die A.-Deutschland AG innerhalb und außerhalb dieses Verfahrens verstoße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Insbesondere verstoße eine Vertretung der Beklagten durch die A.Deutschland AG bei der Unternehmerentscheidung, dem Abschluss des Interessenausgleichs, der Einholung der Zustimmung des Integrationsamts und der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz.

Dies habe zur Folge, dass der von der A.-Deutschland AG beim Integrationsamt gestellte Antrag, der Kündigung des Klägers zuzustimmen, rechtswidrig sei und damit auch der Zustimmungsbescheid. Auch die Anzeige der Entlassungen nach § 17 KSchG sei deswegen unwirksam.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 02.08.2016 und des Urteils vom 26.04.2017, jeweils des Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - Az. 4 Ca 501/16 zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 27.05.2016, dem Kläger zugegangen am 30.05.2016, nicht zum 31.08.2016 beendet worden ist, sondern fortbesteht.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen erforderlich gewesen.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und Absatz 2 c) ArbGG, s...

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