Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Zweckbefristung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen des § 1 ÄArbVtrG
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Vertragsparteien im Rahmen des § 1 ÄArbVtrG entgegen der Regelung in § 1 Abs. 2 HS 2 ÄArbVtrG keine kalendermäßige Befristung, sondern eine vom Bestehen der Facharztprüfung abhängige Zweckbefristung, wird ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet.
Normenkette
TzBfG §§ 15-17; ÄArbVtrG § 1; BGB §§ 134, 307 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 07.05.2019; Aktenzeichen 10 Ca 1344/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Aschaffenburg - vom 07.05.2019, Az.: 10 Ca 1344/18, abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht infolge wirksamer Befristung zum 13.12.2018 beendet worden ist.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen seit 16.04.2018 bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung zum 13.12.2018 endete.
Unter dem 29.11.2017 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag sowie eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag (Bl. 20 - 25 d.A.). Danach sollte die Klägerin ab dem 01.04.2018 als Weiterbildungsassistent zum Zweck der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin gegen ein Monatsentgelt von 6.500,00 € brutto beschäftigt werden.
Unter dem 16.04.2018 unterzeichneten sie einen weiteren Arbeitsvertrag (Bl. 26 - 30 d.A.), der - bei sonst gleichbleibenden Arbeitsbedingungen - nun als Arbeitsbeginn den 16.04.2018 vorsah.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 und § 11 Abs. 2 des Vertrages sollte das Arbeitsverhältnis der Weiterbildungsassistentin, ohne dass es einer Kündigung bedarf, an dem Tag endet, an dem die Facharztausbildung für Allgemeinmedizin durch erfolgreich abgelegte Prüfung abgeschlossen wird.
Die Klägerin bestand am 13.12.2018 die Facharztprüfung.
Trotz der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2017 kam es zu keiner Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses.
Mit ihrer am 28.12.2018 beim Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Aschaffenburg - eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 13.12.2018 sein Ende gefunden hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.
Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Sachvortrags im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Aschaffenburg - hat mit Endurteil vom 07.05.2019 die Klage abgewiesen.
Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, die Klage sei unbegründet, denn das Arbeitsverhältnis der Klägerin habe aufgrund wirksamer Befristung nach § 11 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom 16.04.2018 mit dem 13.12.2018, dem Tag der erfolgreich abgelegten Facharztprüfung, geendet. Ein Arbeitsvertrag nach diesem Zeitpunkt sei aufgrund der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2017 nicht zustande gekommen.
In § 11 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sei eine Zweckbefristung geregelt, wonach das Arbeitsverhältnis mit Eintritt eines objektiven Ereignisses enden solle, das von den Parteien als gewiss, aber zeitlich noch unbestimmt angesehen werde.
Die Zweckbefristung bedürfe, wie auch eine auflösende Bedingung zu ihrer Wirksamkeit, eines sachlichen Grundes. Vorliegend bestimme sich die Wirksamkeit nach § 1 ÄArbVtrG, wonach die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Arzt dann sachlich gerechtfertigt sei, wenn die Beschäftigung des Arztes seiner zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt diene.
Die getroffenen vertraglichen Regelungen zur Befristung würden das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wahren. Unter der zutreffenden Überschrift "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" sei in § 11 Abs. 2 des Arbeitsvertrags eindeutig bestimmt, wann das Arbeitsverhältnis der Klägerin ohne Kündigung enden solle, nämlich mit dem Tag, an dem die Facharztausbildung für Allgemeinmedizin durch erfolgreich abgelegte Prüfung abgeschlossen werde.
Die Zusatzvereinbarung vom 29.11.2017 könne der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da dort lediglich davon die Rede sei, dass sich unmittelbar im Anschluss an das Arbeitsverhältnis als Weiterbildungsassistentin ein neues Arbeitsverhältnis als Sicherstellungsassistentin anschließen solle. Die gemäß §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung ergebe, dass lediglich eine unverbindliche Absichtserklärung dafür abgegeben worden sei, nach Beendigung des Arbeitsvertrags als Weiterbildungsassistentin unter bestimmten Voraussetzungen ein Arbeitsverhältnis als ausgebildete Fachärztin zu begründen; wobei eine Gesamtbeschäftigungsdauer bis zum 31.03.2020 angestrebt werde. Weitere Bestimmungen zu den Inhalten eines möglichen Arbeitsvertrags enthalte die Zusatzvereinbarung nicht.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das ihm am 24.05.2019 zugestellte Urteil mit Telefax vom 24.05.2019 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg Berufung eingelegt und sie mit Telefax vom 08.07...