Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung. präjudizielle Wirkung eines vorhergegangenen Beschlussverfahrens. Billigkeitskontrolle bei über 50-jährigen Arbeitnehmern. sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein rechtskräftiger Beschluss der Arbeitsgerichte im Verfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Wirksamkeit und die Folgen einer Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung wirkt auch im Verhältnis zu den betroffenen Arbeitnehmern.

2. Die noch durchzuführende konkrete Billigkeitskontrolle führt nicht deswegen zur Aufrechterhaltung der Ansprüche auf die Altersversorgung, weil der Arbeitnehmer tariflich unkündbar ist und das 50. Lebensjahr schon überschritten hat.

 

Normenkette

ArbGG § 84; BetrVG § 77 Abs. 5; BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 31.08.1999; Aktenzeichen 3 Ca 7572/98 A)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers hin wird die Beklagte verurteilt, eine Prüfung und Entscheidung über eine angemessene Erhöhung des Grundsteigerungsbetrags nach §§ 6 und 18 der Versorgungsordnung vom 19.06.1980 für die Jahre 1982 bis einschließlich 1997 vorzunehmen.

II. Im übrigen wird die Berufung gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 31.08.1999 – Az. 3 Ca 7572/98 A – zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung.

Der am 27.12.1941 geborene Kläger ist seit 08.08.1960 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Mindestens seit 1975 wird im Betrieb ein Altersversorgungssystem angewandt. Hierzu existieren „Richtlinien für die Gewährung von Leistungen des Unterstützungsvereins” vom 01.01.1980 (jeweils Anlage zur Klageschrift, Bl. 25 ff. d.A.) und eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19.06. bzw. 20.06.1980 nebst Anlagen, die auch die genannten Richtlinien einschließt (Anlage zu Klageschrift, Bl. 13, 14 ff., 25 ff. und Bl. 41 d.A.). Durch Gesamtbetriebsvereinbarung vom 14.11.1990 (Anlagen zur Klageschrift, Bl. 12 und 13 d.A.) wurden die ursprünglich über einen Unterstützungsverein versprochenen Leistungen in eine die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger bindende Direktzusage überführt. Durch Betriebsvereinbarung vom 27.01.1995 (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 42 d.A.) wurden auch die Leistungspflichten für Rentner und deren Hinterbliebene auf den Arbeitgeber unmittelbar übertragen. Mit Schreiben vom 28.11.1996 kündigte die Beklagte die genannten Betriebsvereinbarungen jeweils zum nächst zulässigen Termin. Sie vereinbarte mit dem Betriebsrat unter dem 12./13.03.1997 ein ab 01.04.1997 geltendes Sanierungskonzept, welches durch Betriebsvereinbarung vom 02.05.1997 mit Wirkung ab 01.04.1997 umgesetzt wurde. Diese Betriebsvereinbarung zur Sanierung des Unternehmens enthält Regelungen zu Urlaubsgeld und Sonderzahlung, Langzeitkonten, Erfolgsbeteiligung, Ausschluss betriebsbedingter Kündigung sowie einen „Maßnahmeplan” mit Gehaltsreduzierungen für die Mitarbeiter. Sie enthält keine Aussagen über die betriebliche Altersversorgung. In einem Zusatztarifvertrag vom 03.06.1997 vereinbarte die Beklagte mit der IG Metall Absenkungen von Urlaubsgeld und Sonderzahlungen, wobei Einzelheiten der Betriebsvereinbarung vom 02.05.1997 überlassen waren.

Unter dem 08.12.1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Versorgungsbetriebsvereinbarungen mit Wirkung zum 31.12.1997 gekündigt seien. Die Geschäftsführung habe eine Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgenommen. Diese Prüfung habe ergeben, dass die Versorgungsanwartschaften dergestalt aufrechterhalten bleiben sollten, dass sie analog § 2 BetrAVG auf den Stand 31.12.1997 festgeschrieben werden sollten. Bei Eintritt des Versorgungsfalles sollten die Leistungen unter Zugrundelegung des zum 31.12.1997 festgestellten individuellen Steigerungsbetrages ermittelt werden. Der genauen Einzelheiten des Schreibens wegen wird auf die mit der Klage vorgelegte Ablichtung Bezug genommen (Anlage 4, Bl. 43 d.A.).

In einem zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat geführten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat zuletzt beantragt

  1. festzustellen, dass die von der Arbeitgeberin am 28.11.1996 ausgesprochene Kündigung

    • der „Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung bei der B… KG, S.” vom 20.06.1980 und
    • der „Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung für aktive Mitarbeiter der B… GmbH” vom 14.11.1990 sowie
    • der „Zusatz-Betriebsvereinbarung zur Versorgungsordnung vom 19.06.1980” und der „Zusatz-Betriebsvereinbarung vom 19.06.1980 der B…. GmbH,” vom 14.11.1990

    für alle Arbeitnehmer – hilfsweise: für alle Arbeitnehmer mit unverfallbaren Anwartschaften –, die im Betrieb der Arbeitgeberinnen am 31.12.1997 beschäftigt waren, keine Rechtswirkungen entfaltet,

  2. hilfsweise zu 1. festzustellen, dass als Rechtfertigung für die im A...

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