Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Rücknahme der Ernennung zum DO-Angestellten. Anfechtung
Leitsatz (amtlich)
Erschleicht sich der Bewerber die Einstellung bei einer Berufsgenossenschaft als Technischer Aufsichtsbeamter im Status eines Dienstordnungs-Angestellten durch die Vorlage eines gefälschten Diplomzeugnisses und Hochschuldiploms, kann die Bestellung bei Verweisung der Dienstordnung auf Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes gemäß § 12 Abs. 1 Ziffer 1 BGB zurückgenommen bzw. die arbeitsvertraglichen Beziehungen gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten werden, selbst wenn das Vertragsverhältnis bereits über viele Jahre bestanden hat.
Normenkette
BBG §§ 12, 123, 142; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Urteil vom 17.02.2005; Aktenzeichen 1 Ca 2141/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 17.02.2005, Az.: 1 Ca 2141/04, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand eines zwischen ihnen bestandenen Arbeitsverhältnisses.
Der am 03.09.1958 geborene Kläger wurde von der Beklagten mit Wirkung ab dem 01.07.1988 als so genannte Nachwuchskraft angestellt, um die erforderliche betriebliche Praxis für den vorgesehenen späteren Einsatz im höheren technischen Aufsichtsdienst zu erwerben.
Nach § 2 Abs. 1 Ziffer 4 der Dienstsordnung für die Angestellten der Beklagten (künftig: DO) i.V.m. § 23 der Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst der Beklagten (künftig: Richtlinien) war für die Einstellung als Aufsichtsperson im höheren Dienst ein abgeschlossenes technisches oder sonstiges wissenschaftliches Hochschulstudium Voraussetzung.
Der Kläger studierte damals an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen im Studiengang Bergbau. Ohne über einen entsprechenden Hochschulabschluss zu verfügen, legte der Kläger zum Nachweis der Einstellungsvoraussetzungen das von ihm gefälschte Diplomzeugnis vom 23.06.1988 (Kopie Bl. 15/16 d.A.) und das Hochschul-Diplom vom selben Tag (Kopie Bl. 14 d.A.) vor.
Der Kläger wurde mit Anstellungsvertrag vom 04.12.1989 (Kopie Bl. 18 d.A.) mit Wirkung ab dem 01.12.1989 als Technischer Aufsichtsbeamter auf Probe eingestellt und nach bestandener Prüfung für den Technischen Aufsichtsdienst mit Anstellungsvertrag vom 20.03.1992 (Kopie Bl. 21 d.A.) mit Wirkung ab dem 13.03.1992 als Dienstordnungs-Angestellter mit der Dienstbezeichnung „Technischer Aufsichtsbeamter” beschäftigt.
Die Beklagte erfuhr erst im Jahr 2004 davon, dass der Kläger sein Hochschulstudium nicht erfolgreich abgeschlossen hatte und von ihm das Diplomzeugnis und die Diplomurkunde vom 23.06.1988 gefälscht worden sind. Mit Schreiben vom 11.08.2004 (Kopie Bl. 22 d.A.) wurden von ihr die Ernennung zum Dienstordnungs-Angestellten zurückgenommen und die abgeschlossenen Anstellungsverträge wegen arglistiger Täuschung angefochten.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 02.09.2004 beim Arbeitsgericht Würzburg eingereichten Klage.
Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Würzburg hat mit Endurteil vom 17.02.2005 die Klage abgewiesen.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.04.2005 zugestellten Urteils haben diese mit Telefax vom 17.05.2005 (Dienstag nach Pfingsten) Berufung beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Kläger meint, die Beklagte könne von ihrem Anfechtungsrecht unter Berücksichtigung des § 242 BGB nicht mehr wirksam Gebrauch machen, denn er habe die Aufgaben eines Technischen Aufsichtsbeamten über viele Jahre engagiert und zur vollen Zufriedenheit seines Dienstherrn erledigt. Durch seine erfolgreiche berufliche Tätigkeit habe er seine ausreichende fachliche Qualifikation nachgewiesen. Insofern trete der nicht vollständig erlangte Hochschulabschluss in den Hintergrund. Zudem seien die einschneidenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahme der Arbeitgeberin im Rahmen einer gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt:
Unter Aufhebung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts Würzburg, 1 Ca 2141/04, wird festgestellt, dass das seit dem 01.12.1989 zunächst als Technischer Aufsichtsbeamter auf Probe und dann durch Anstellungsvertrag vom 20.03.1992 ab 13.03.1992 aus Dienstordnungs-Angestellter bestehende Dienstverhältnis nicht mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 11.08.2004 endete.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:
I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II. Der Berufungskläger trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.
Zur Begründung trägt sie vor, der Grundsatz von Treu und Glauben stehe der Rücknahme der Ernennung zum Dienstordnungs-Angestellten und der Anfechtung des Anstellungsvertrages nicht entge...