Leitsatz (amtlich)

Der Betrieb eines Truppenübungsplatzes stellt eine „wirtschaftliche Einheit” i. S.v. § 613 a BGB dar, die unter Zugrundelegung von Art. 52 des Zusatzabkommens des NATO-Truppenstatus durch Rechtsgeschäft von den US-Streitkräften auf die Bundesrepublik übergehen kann mit der Folge, dass auch die Arbeitsverhältnisse der Zivilbeschäftigten der US-Streitkräfte auf die Bundesrepublik übergehen können.

Eine Stillegung, die die Anwendung des § 613 a BGB ausschließt, liegt nicht vor, wenn ohne zeitliche Unterbrechung die wirtschaftliche Einheit bewußt vom Übernehmer benutzt wird in der konkreten Absicht von einer bestehenden funktionsfähigen Betriebsorganisation zu profitieren.

 

Normenkette

BGB § 613a; Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut Art. 52

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 27.02.1997; Aktenzeichen 4 Ca 1759/93 S)

 

Tenor

1. Die Berufungen der Beklagten vom 18.04.1997, 05.05.1997, 14.05.1997 gegen die Endurteile des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Schweinfurt – vom 27.02.1997

Az.: 4 Ca 1759/93 S P.

3 Ca 2014/93 S K.

3 Ca 2085/93 S G.

3 Ca 2017/93 S H.

4 Ca 1999/93 S B.

10 Ca 2006/93 S E.

10 Ca 1721/96 S F.

10 Ca 2007/93 S F.

10 Ca 2267/93 S G.

10 Ca 2087/93 S H.

4 Ca 2098/93 S H.

10 Ca 2236/93 S P.

10 Ca 2260/93 S R.

4 Ca 2024/93 S S.

4 Ca 2029/93 S S.

4 Ca 0019/94 S W.

4 Ca 2190/93 S W.

werden auf Kosten der Berufungsführer in zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch darüber, ob die Arbeitsverhältnisse der Kläger am 01.07.1994 auf Grund Betriebsübergangs von der früheren Beklagten zu 1) auf die Beklagte (frühere Beklagte zu 2)) übergegangen sind.

Die Kläger waren bei den US-Streitkräften als Zivilbeschäftigte auf dem Truppenübungsplatz W. beschäftigt. Zum 30.06.1994 gaben die US-Streitkräfte diesen Truppenübungsplatz auf. Ab 01.1071994 betrieb die Beklagte auf demselben Gelände einen Truppenübungsplatz. Die US-Streitkräfte haben den Klägern wegen des Abzugs vom Truppenübungsplatz zum 30.06.1994 betriebsbedingt gekündigt. Im vorliegenden Rechtsstreit schlossen sie mit den Klägern einen Vergleich dahingehend, dass die Arbeitsverhältnisse mit den US-Streitkräften zum 30.06.1994 endeten, wobei offen blieb, ob durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung oder dadurch, dass die Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte übergegangen sind. Die Beklagte beruft sich im vorliegenden Verfahren nicht mehr auf die Unwirksamkeit dieser Kündigungen.

Die Kläger sind der Meinung, es liege ein Betriebsübergang auf die Beklagte vor, da die Bundeswehr den Truppenübungsplatz im Sinne von § 613 a BGB übernommen und weitergeführt habe. Dieser Betriebsübergang sei auch durch Rechtsgeschäft erfolgt, da die US-Streitkräfte mit der Bundesrepublik Einvernehmen bezüglich der Übernahme erzielt hätten im Sinne von Art. 52 des Zusatzabkommens des NATO-Truppenstatuts. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte im Dezember 1994 bzw. Januar 1995 vorsorglich betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen hat, beantragten die Kläger die Feststellung, dass die Arbeitsverhältnisse zumindest bis zum Zeitpunkt dieser ausgesprochenen Kündigungen zu unveränderten Bedingungen fortbestehen.

Die Kläger H. und W. beantragen weiter, die Kündigungen vom 22.12.1994 und 24.01.1995 für unwirksam zu erklären.

Auf die entsprechenden Klagen hat das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt –, mit Schlußurteilen vom 27.02.1997 entschieden, dass die Arbeitsverhältnisse mindestens bis zu diesem Zeitpunkt unverändert fortbestehen. Im Falle W. und H. wurde weiter festgestellt, dass die Arbeitsverhältnisse durch die Kündigungen vom Dezember 1994 und Januar 1995 nicht aufgelöst sind.

Gegen diese Urteile, der Beklagten am 18.03.1997, 03.04.1997 und 18.04.1997 zugestellt, hat diese mit Schriftsätzen vom 18.04.1997, 05.05.1997 und 14.05.1997 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsätzen vom 04.07.1997, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 07.07.1997, begründet.

Die Beklagte meint, ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB liege nicht vor. Der Truppenübungsplatz sei nämlich nicht übernommen worden, sondern zunächst stillgelegt worden. Im übrigen werde der Truppenübungsplatz nicht voll genutzt, es werden nämlich das Truppenlager nur zu 1/2, die Housing-Area dagegen überhaupt nicht genutzt. Insbesondere aber liege kein Rechtsgeschäft im Sinne von § 613a BGB vor.

Die vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen von Dezember 1994 und Januar 1995 seien aus betriebsbedingten Gründen wirksam, da die Arbeitsplätze der Kläger nicht mehr vorhanden seien. Die Personalvertretung sei jeweils ordnungsgemäß angehört worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt auf der von ihnen insbesondere im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen und im übrigen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes angesichts des vom Erstgericht festgesetzten und fü...

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