Entscheidungsstichwort (Thema)
Differenzlohnansprüche eines Leiharbeitnehmers bei unwirksamer arbeitsvertraglicher Verfallklausel und pauschaler Verweisung auf unwirksame Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen. Voraussetzungen für Schadensersatz und Urlaubsabgeltung im Leiharbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. Die pauschale Verweisung im Arbeitsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher auf die unwirksamen Tarifverträge der CGZP führt in der Regel nicht zur Geltung der dort geregelten Ausschlussfristen. Dies gilt insbesondere, wenn im Arbeitsvertrag gesondert Ausschlussfristen enthalten sind.
2. Zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen im Sinne von § 10 Abs. 4 AÜG gehören auch die Urlaubsansprüche. Für diese gelten die Regeln des Urlaubsrechts, insbesondere hinsichtlich Übertragung, Verfall und Abgeltung, wie sie beim Entleiher zur Anwendung kommen.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; Tarifverträge für die Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie; BGB § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 275 Abs. 1, 4, § 280 Abs. 1, 3, § 283 S. 1, § 286 Abs. 1 S. 1, § 287 S. 2, § 306 Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 611 Abs. 1; MTV Papier § 8; MTV-Papier § 15 I Nr. 7 S. 3; MTV-Papier § 15 III Nr. 4; MTV-Papier § 15 IV Nrn. 1-2; MTV-CGZP Nr. 19
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 18.04.2013; Aktenzeichen 15 Ca 4988/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 18.04.2013, Az. 15 Ca 4988/12, unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, 7.301,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.09.2011 an den Kläger zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, 209,44 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 04.01.2013 an den Kläger zu bezahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, 1.210,23 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.09.2011 an den Kläger zu bezahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, 142,38 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.09.2011 an den Kläger zu bezahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, 1.468,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.09.2011 an den Kläger zu bezahlen.
7. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte 94 %, der Kläger 6 %. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Beklagte 15 %, der Kläger 85 %.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um sogenannte Equal-Pay-Ansprüche von Januar 2008 bis April 2009.
Der Kläger war als Leiharbeitnehmer im Zeitraum Juni 2005 bis 15. April 2009 bei der Beklagten beschäftigt und im gesamten Zeitraum der Fa. P... als Produktionshelfer zur Arbeitsleistung überlassen. Er erhielt von Februar 2007 bis Juni 2008 einen Stundenlohn in Höhe von 7,51 € und von Juli 2008 bis April 2009 in Höhe von 7,72 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden und einem vereinbarten Jahresurlaub von 24 Arbeitstagen. Darüber hinaus erhielt er einen Arbeitgeberzuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 13,50 € monatlich.
Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
"...
§ 3 Tarifanwendung
Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag).
Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen der dann einschlägigen Tarifwerke. Für den Fall, dass ein Firmentarifvertrag abgeschlossen wird, gilt dessen Inhalt.
Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge übereinstimmen, dient dieses der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages. Soweit Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.
...
§ 14 Ausschlußfrist
1. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind - beiderseitig - spätestens innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten ab Fälligkeit - auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nur schriftlich geltend zu machen.
2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der ...