Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzugslohnansprüche. Aussetzung. Befristungskontrollverfahren. Ermessen. Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Einer Aussetzung des Annahmeverzugsrechtsstreits nach § 148 ZPO steht der Beschleunigungsgrundsatz dann nicht entgegen, wenn der erstinstanzlich obsiegende Arbeitnehmer mit der Aussetzung ausdrücklich einverstanden ist, denn jedenfalls ist insoweit die Ermessensentscheidung nicht fehlerhaft.
Normenkette
ZPO § 148
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 05.12.2011; Aktenzeichen 6 Ca 3472/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Dezember 2011 – 6 Ca 3472/11 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz über Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate August bis Oktober 2011.
Die Klägerin war bei der Beklagten als Innenreinigerin aufgrund befristeten Arbeitsvertrags bis zum 31. Oktober 2010 beschäftigt.
Gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der vereinbarten Befristung wendet sich die Klägerin mit ihrer zuvor beim Arbeitsgericht Koblenz erhobenen Befristungskontrollklage (Az: 6 Ca 1878/10).
Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich die Klägerin im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht mit der Aussetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorgenannten Verfahrens einverstanden erklärt.
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2011 hat das Arbeitsgericht den vorliegenden Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Befristungskontrollverfahrens der Parteien vor dem Arbeitsgericht Koblenz (Az: 6 Ca 1878/10) ausgesetzt und zur Begründung darauf verwiesen, dass dieses Bestandsschutzverfahren vorgreiflich sei, weil die streitgegenständlichen Ansprüche aus Annahmeverzug den Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzen würden.
Gegen den ihr am 14. Dezember 2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2011, beim Arbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht den grundsätzlich vorrangigen Beschleunigungsgrundsatz der §§ 9 Abs. 1, 61 a ArbGG nicht beachtet habe. Durch die Aussetzung entstünden ihr erhebliche Nachteile in Form einer Rechtsunsicherheit im Hinblick auf mögliche Entgeltforderungen, falls der Befristungskontrollklage in einer weiteren Instanz stattgegeben werden sollte. Demgegenüber bestehe der Nachteil für die Klägerin lediglich darin, dass sie ein klageabweisendes Urteil nicht rechtskräftig werden lassen dürfe. Dieser Nachteil sei einem arbeitsgerichtlichen Verfahren immanent und überwiege nicht den Nachteil, der ihr durch die Aussetzung in Anbetracht der hiermit verbundenen Ungewissheit entstehe. Im Übrigen sei für eine Aussetzung des Rechtsstreits über kündigungsabhängige Entgeltansprüche gemäß der von ihr angeführten Rechtsprechung regelmäßig kein Raum. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 22. Dezember 2011 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten mit Beschluss vom 28. Dezember 2011 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Interessenabwägung vorliegend nicht zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten führe. Die von der Beklagten angeführte Ungewissheit hinsichtlich zu erwartender Entgeltforderungen bestünde auch dann, wenn der vorliegende Rechtsstreit nicht ausgesetzt würde; im Übrigen wird auf die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses verwiesen.
Im Beschwerdeverfahren hat die Beklagte im Hinblick auf den Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Klägerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 252 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten ist frist- sowie formgerecht eingelegt worden (§§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO) und auch sonst zulässig.
Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden.
1. Wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, so kann das Gericht nach § 148 ZPO anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Begründetheit der streitgegenständlichen Annahmeverzugslohnansprüche hängt davon ab, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der vereinbarten Befristung zum 31. Oktober 2010 beendet ist oder nicht. Diese Frage ist Streitgegenstand des anhängigen Befristungskontrollverfahrens der Parteien.
2. Das Arbeitsgericht hat das ihm nach § 148 ZPO eingeräumte Ermessen, ob...