Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung. Zwangsvollstreckung. Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs nach Ausspruch einer weiteren Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Der nachträgliche Ausspruch einer Kündigung kann im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO gegen einen Weiterbeschäftigungstitel nicht eingewendet werden ohne dass Vollstreckungsgegenklage erhoben wird.
Normenkette
ZPO §§ 767, 888
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 02.07.2010; Aktenzeichen 6 Ca 1380/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 02.07.2010, Az.: 6 Ca 1380/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 78 ArbGG, 793 ZPO statthafte und vorliegend insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung gegen die Beklagte zur Durchsetzung deren Verpflichtung aus dem Urteil vom 20.04.2010, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Senior-Controllerin weiterzubeschäftigen, ein Zwangsgeld sowie ersatzweise Zwangshaft festgesetzt.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen titulierten Anspruch, bis zum Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits als Senior-Controllerin weiterbeschäftigt zu werden. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte bislang unstreitig nicht nachgekommen. Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) sind erfüllt. Auf Antrag der Klägerin war daher nach § 888 Abs. 1 ZPO ein Zwangsgeld sowie ersatzweise Zwangshaft festzusetzen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Begründetheit des Zwangsvollstreckungsantrages weder die (behauptete) Unbestimmtheit des Vollstreckungstitels entgegen, noch ist ihr die Weiterbeschäftigung der Klägerin als Senior-Controllerin unmöglich geworden. Insoweit wird – zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen – auf die Ausführungen des Beschwerdegerichts im Beschluss vom 19.07.2010 (Bl. 232 – 235 d.A.), mit welchem der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen worden ist, Bezug genommen.
Dem titulierten Anspruch der Klägerin kann die Beklagte im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO auch nicht entgegenhalten, dass sie das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch der vorliegend streitbefangenen Kündigung mit Schreiben vom 25.03.2010 (erneut) zum 30.06.2010 gekündigt hat. Zwar endet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend: Urteil vom 19.12.1985 – 2 AZR 190/85 – EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 17) der Weiterbeschäftigungsanspruch materiell-rechtlich ab dem Zeitpunkt, ab dem eine weitere ausgesprochene Kündigung wirksam werden soll, wenn diese Kündigung nicht offensichtlich unwirksam ist. Solche nachträglich entstandenen Einwendungen gegen den durch das erstinstanzliche Urteil festgestellten Anspruch kann der Arbeitgeber jedoch nur mit der Berufung oder im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend machen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 27.11.2007 – 10 Ta 263/07 – m.w.N.). Darüber hinaus erweist sich der diesbezügliche Einwand der Beklagten aber auch bereits deshalb als unbegründet, weil das Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – mit Urteil vom 29.06.2010 (Az. 6 Ca 259/10) festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25.03.2010 nicht aufgelöst worden ist und somit auch bezüglich dieser Kündigung ein erstinstanzliches, wenn auch noch nicht rechtskräftiges Urteil zu Gunsten der Klägerin existiert.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Zwangsgeldfestsetzung auch nicht entgegen, dass die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus dem im Verfahren 6 Ca 1407/09 ergangenen Zwangsgeldbeschluss noch nicht vollständig durchgeführt hat. Zwar trifft es zu, dass eine wiederholte Zwangsgeldfestsetzung nach § 888 ZPO nur zulässig ist, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus einem vorangegangenen Zwangsmittelbeschluss durchgeführt hat (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2006 – 2 Ta 57/06 –). Dies betrifft indessen nur den Fall, dass der Gläubiger die (wiederholte) Zwangsvollstreckung aus ein und demselben Titel betreibt. Im vorliegenden Fall verfügt die Klägerin jedoch über zwei vollstreckbare Titel, die unabhängig voneinander vollstreckt werden können.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Diese Entscheidung ist daher unanfechtbar.
Fundstellen