rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. Einsetzung. Maßstab. Einsetzung einer Einigungsstelle

 

Leitsatz (redaktionell)

Zweck interessenausgleichs- und sozialplanpflichtiger Betriebsänderungen ist die kollektivrechtliche Kompetenz, an der Durchführung der Betriebsänderung beteiligt zu werden und dadurch entstehende wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder jedenfalls abzumildern.

 

Normenkette

ArbGG § 98

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 31.10.2011; Aktenzeichen 1 BV 54/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 31. Oktober 2011 – 1 BV 54/11 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Mit dem am 14. Oktober 2011 eingeleiteten Verfahren begehrt der für die Filiale in M bestehende Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsthema „Aufstellung eines Sozialplanes anlässlich der Kündigungen der Arbeitnehmer im Kassenbereich wegen grundlegender Änderung der Betriebsorganisation bzw. -methoden durch Flexibilisierung der Arbeitszeiten”.

Zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung der Arbeitgeberin wurde unter dem 13. März 2010 eine Betriebsvereinbarung mit folgendem – auszugsweise wiedergegebenen – Inhalt abgeschlossen:

„Betriebsvereinbarung

Zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat des real,- SB-Warenhauses in M wird folgende Betriebsvereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitszeiten getroffen.

Präambel

Diese Betriebsvereinbarung regelt die betriebliche Arbeitszeit für die Mitarbeiterinnen auf Basis einer Ladenöffnungszeit von 07:00 Uhr bis 22:00 Uhr (am 24.12. von 07:00 Uhr bis 14:00 Uhr und am 31.12. von 07:00 Uhr bis 18:00 Uhr) der Arbeitgeber kann von der Möglichkeit, die Ladenöffnungszeiten werktags gemäß § 4 LadöffnG Rheinland-Pfalz bis 24:00 Uhr zu erweitern, an einem Werktag im Kalenderjahr Gebrauch machen. Der Arbeitgeber legt jedes Jahr neu fest, an welchem Werktag eine Ladenöffnung bis 24:00 Uhr erfolgt und teilt die Festlegung dem Betriebsrat und den Mitarbeitern mit. Beide Parteien sind sich darüber einig, dass bei der Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeiten neben den betrieblichen Belangen die persönlichen Belange der Mitarbeiterinnen angemessen berücksichtigt werden.

  1. Geltungsbereich

    Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiterinnen des r,- SB-Warenhauses in M ausgenommen sind leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG.

  2. Grundlage der Mitarbeitereinsatzplanung (MEP)

    Grundlage für die Planung der Arbeitszeit ist

    für Vollzeitmitarbeiterinnen und Auszubildende die tariflich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit

    für Teilzeitmitarbeiterinnen die individuelle vertragliche Wochenarbeitszeit.

Diese Arbeitszeiten können im notwendigen Einvernehmen zwischen Mitarbeiterin und den/dem Vorgesetzten im Rahmen der jeweils wöchentlichen Mitarbeitereinsatzplanung bei Team- und Abteilungsleiterinnen um bis zu 10,0 Stunden wöchentlich bei allen anderen Mitarbeiterinnen um 7,5 Stunden wöchentlich über- bzw. unterschritten werden.

Die Gewährung arbeitsfreier Samstage regelt sich nach den gesetzlichen und tariflichen Regelungen.

Alle Mitarbeiterinnen sollen an maximal 5 Wochentagen von Montag bis einschließlich Samstag eingesetzt werden, die tägliche Arbeitszeit soll mindestens 4 Stunden betragen. Unterschreitungen, die sich aus der taggleichen Gewährung von tariflichen Zuschlägen ergeben, sind zulässig. Weitere Ausnahmen sind im Rahmen der tariflichen Regelungen möglich. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind zu beachten.

3. Mitarbeitereinsatzplanung (nachstehend MEP)

Die Mitarbeitereinsatzplanung umfasst neben der Verteilung der vertraglichen Wochenarbeitszeit eventuelle Unter- bzw. Überschreitungen der vertraglichen Wochenarbeitszeit, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Dauer der Pausen, die Lage der Freizeittage….”

Mit Schreiben vom 12. September 2011 (Bl. 22 ff. d. A.) wurde der Betriebsrat darüber informiert, dass beabsichtigt sei, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter im Kassenbereich zu flexibilisieren und zu diesem Zweck betriebsbedingte Änderungskündigungen auszusprechen. Von dieser Maßnahme wurden die Arbeitszeiten der Teilzeitbeschäftigten im Kassenbereich erfasst. Soweit kein Einvernehmen mit den betroffenen Mitarbeiterin erzielt werden konnte, mussten 14 Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet, 12 ordentliche Änderungskündigungen ausgesprochen und in zwei Fällen das Integrationsamt eingeschaltet werden.

Mit Anwaltsschreiben vom 19. September 2011 (Bl. 25 ff. d. A.) wies der Betriebsrat darauf hin, dass seiner Auffassung nach eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG vorläge, so dass Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplanes zu führen seien. Die Arbeitgeberin lehnte dies unter Hinweis auf die abgeschlossene Betriebsvereinbarung ab.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich an seiner Auffassung zum Vorliegen einer Betriebsänderung gemäß § 111 Satz 3 Nr. 4 und/oder Nr. 5 BetrVG festgehalten. Mit einer schranken...

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