Entscheidungsstichwort (Thema)
Aenderungskuendigung. Beschwerde. Betriebsrat. Bruttomonatsgehalt. Ersetzung. Gegenstandswertsfestsetzung. Hilfswert. Regelwert. Umgruppierung. Versetzung. Zustimmung. reformatio in peius. Gegenstandswertsfestsetzung im Beschlussverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Im Hinblick auf die Kostentragungspflicht gem. Paragr. 40 Abs. 1 BetrVG ist die Arbeitgeberin auch zur Einlegung der Beschwerde gegen eine zu hohe Festsetzung des Gegenstandswertes fuer die anwaltliche Taetigkeit der Verfahrensbevollmaechtigten des Betriebsrats befugt.
2. Beantragt die Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats nach Paragr. 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, richtet sich der Gegenstandswert nach Paragr. 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Der Wert von 4.000,– EUR stellt nach ständiger Rechtsprechung des LAG Rheinland-Pfalz keinen Regelwert, von dem nur unter bestimmten Bedingungen abgewichen werden kann, sondern vielmehr einen Hilfswert dar, auf den nur dann zurueckzugreifen ist, wenn alle Moeglichkeiten einer individuellen Bewertung ausgeschoepft sind.
3. Begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung zu einer Umgruppierung, die individualarbeitsrechtlich nur durch eine Aenderungskuendigung erreicht werden koennte, ist die Festsetzung von 1,5 Bruttomonatsgehaeltern gerechtfertigt.
4. Fuer den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zu einer Versetzung ist der Hilfswert des Paragr. 23 Abs. 3 S. 2 2. HS RVG festzusetzen.
Normenkette
BetrVG 40 Abs. 1; BetrVG 99 Abs. 4; GKG 2 Abs. 2; GKG 42 Abs. 4 Sätze 1-2; RVG 23 Abs. 3 S. 2; RVG 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 29.07.2009; Aktenzeichen 11 BV 24/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 29.07.2009 – 11 BV 24/08 – wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.
Tatbestand
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt die Arbeitgeberin die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Beschlussverfahren über die Ersetzung der Zustimmungen zur Umgruppierung sowie zur Versetzung einer Mitarbeiterin gem. § 99 Abs. 4 BetrVG.
Die Arbeitgeberin beantragte im vorliegenden Beschlussverfahren,
1. Die Zustimmung des Antragsgegners zur Umgruppierung der K von Gehaltsgruppe IV (Endstufe) in die Gehaltsgruppe III (Endstufe) des rheinland-pfälzischen Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel wird ersetzt.
2. Die Zustimmung zur Versetzung der K vom Bereich Kasse (Kassenaufsicht) zum Bereich Kasse (Mitarbeiterin) wird ersetzt.
Das Verfahren endete durch einen Vergleich, in dem der Betriebsrat die begehrten Zustimmungen erteilte. Außerdem wurde unter Ziffer 2 vereinbart, dass bei der Berechnung der Ausgleichszahlung für die betroffene Mitarbeiterin nach einem im Betrieb bestehenden Sozialplan eine Tarifgruppen-Zugehörigkeit von mehr als 10 Jahren und damit der Multiplikator 48 zugrunde zu legen sei.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligter mit Beschluss vom 29.07.2009, zugestellt am 30.07.2009, auf 7.508,35 EUR festgesetzt. Dabei hat es für den Antrag zu 1. 3.508,35 EUR (= 1,5 Bruttomonatsgehälter zu je 2.338,90) und für den Antrag zu 2. den Hilfsstreitwert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG i. H. v. 4.000,– EUR angesetzt.
Mit am 07.08.2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Arbeitgeberin Beschwerde gegen den Gegenstandswertsfestsetzungsbeschluss eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Gegenstandswert sei mit 3.508,35 EUR ausreichend bemessen. Für das Ansetzen eines zusätzlichen Wertes bestünde keine Veranlassung. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft und zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,– EUR.
Im Hinblick auf die Kostentragungspflicht gem. § 40 Abs. 1 BetrVG ist die Arbeitgeberin zur Einlegung der Beschwerde auch insoweit befugt, als der Beschluss des Arbeitsgerichts den Gegenstandswert für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats festsetzt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.06.2008 – 1 Ta 105/08).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert nicht zu hoch festgesetzt.
Maßgeblich ist vorliegend für beide Anträge § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Dabei ist von zwei getrennten Streitgegenständen auszugehen (so auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 15.10.2007 – 1 Ta 232/07). Nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ist der Gegenstandswert, soweit er sich nicht aus den übrigen Regelungen des § 23 RVG ergibt und auch sonst nicht feststeht, nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstan...