Entscheidungsstichwort (Thema)

Bereitstellung eines netzunabhängigen Rechners zur Aufgabenerledigung einer Betriebsvertretung bei den US-Streitkräften. Feststellungsinteresse bei Antrag gegen juristische Person des öffentlichen Rechts. Unbegründeter Feststellungsantrag der Betriebsvertretung bei ausreichendem Schutz durch Verschlüsselungstechnik

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) gelten für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung, soweit in dem auf diesen Artikel Bezug nehmenden Abschnitt des Unterzeichnungsprotokolls nicht etwas anderes bestimmt ist; damit findet auf die Betriebsvertretung für die zivilen Arbeitskräfte bei den amerikanischen Streitkräften das Bundespersonalvertretungsgesetz Anwendung.

2. Soweit das Gesetz gerichtliche Entscheidungen vorsieht, entscheiden (gemäß Protokoll zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS Abs. 9) die deutschen Gerichte für Arbeitssachen in dem nach deutschem Recht vorgesehenen Verfahren (Beschlussverfahren); an diesem Verfahren ist die Bundesrepublik Deutschland auf ihren Antrag im Namen einer Truppe oder eines zivilen Gefolges beteiligt (Prozessstandschaft).

3. Der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrages nicht entgegen, wenn sich das erforderliche Feststellungsinteresse daraus ergibt, dass sich der Antrag gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts richtet; das Feststellungsinteresse ist daher trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage zu bejahen.

4. Gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG sind der Betriebsvertretung für die laufende Geschäftsführung die sachlichen Mittel im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen; dazu zählt auch ein Rechner (PC) nebst Internetanschluss.

5. Dem anerkennenswerten Interesse der Betriebsvertretung auf Vertraulichkeit und Datenschutz kann auf andere Weise als durch Bereitstellung eines zusätzlichen Rechners ohne Anschluss an das EDV-Netz der US-Streitkräfte und des Internets entsprochen werden; einen wirksamen und ausreichenden Schutz bietet die Verschlüsselung der Dateien unter Anwendung einer geeigneten Software, wodurch das Entziffern aller abgespeicherten E-Mails und sonstiger abgespeicherten Texte oder Dateien durch Dritte unmöglich gemacht wird.

6. Hat die Arbeitgeberin erstinstanzlich auf die Möglichkeit der Verwendung einer Verschlüsselungstechnik als "milderes Mittel" gegenüber der Bereitstellung eines weiteren Rechners hingewiesen, steht der Betriebsvertretung nicht das Recht zu, zwischen mehreren Möglichkeiten der Gewährleistung von Vertraulichkeit und Datenschutz mit verbindlicher Wirkung gegenüber der Dienststelle zu wählen; vielmehr ist es Sache der Dienststelle, ihrerseits zu entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihrer Verpflichtung aus § 44 Abs. 2 BPersVG nachkommt, der Betriebsvertretung "die sachlichen Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen".

 

Normenkette

BPersVG § 44 Abs. 2; ZA-NTS Art. 56 Abs. 9

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 16.05.2013; Aktenzeichen 5 BV 16/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 16.05.2013, Az.: 5 BV 16/12, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der antragstellenden Betriebsvertretung neben dem ihr zur Verfügung stehenden PC ein weiterer, nicht an das EDV-Netz der US-Streitkräfte angebundener PC ohne Internetanschluss zur Verfügung zu stellen ist.

Antragstellerin ist die bei der Dienststelle "DLA Distribution Europe C-Stadt" der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte bestehende Betriebsvertretung. Sie besteht aus 5 Mitgliedern und vertritt die Interessen der in der Dienststelle arbeitenden ca. 125 Zivilbeschäftigten.

Zur Erledigung ihrer Aufgaben verfügt die Antragstellerin über einen an das EDV-Netz der US-Streitkräfte angebundenen PC mit Internetanschluss. Darüber hinaus nutzte die Antragstellerin bis Anfang August 2012 zusätzlich einen nicht an das betreffende EDV-Netz angebundenen PC, für welchen kein Internetanschluss bestand. Auf diesem PC speicherte die Antragstellerin bestimmte Schriftstücke (Dateien). Zudem wurde dieser PC in Verbindung mit einem angeschlossenen Drucker quasi als "Schreibmaschine" genutzt. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dieser PC der Antragstellerin von der Dienststelle zur Verfügung gestellt worden war, oder ob - wie von der Antragsgegnerin behauptet - sich die Antragstellerin diesen PC auf dem "kleinen Dienstweg" besorgt hatte.

Anfang August 2012 wurde der nicht an das EDV-Netz der amerikanischen Streitkräfte angebundene PC irreparabel defekt. Die Bitte der Antragstellerin auf Zurverfügungstellung eines entsprechenden Ersatz-PC wurde seitens der Dienststelle abgelehnt.

Die Antragstellerin ha...

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