Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsteller. Auslegung. Beschlussverfahren. Beschwerdewert. Gegenstandswert. Prozesserklärung. Wertfestsetzung im Beschlussverfahren
Leitsatz (amtlich)
1) Prozesserklärungen sind im Zweifel so auszulegen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig und der recht verstandenen Interessenlage entspricht.
2) Stellen in einem Beschlussverfahren die verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwälte des Arbeitgebers ohne nähere Angaben den Antrag, den Gegenstandswert festzusetzen, dann können sie dies gem. § 33 Abs. 2 S. 1 RVG in eigenem Namen oder im Auftrag ihres Mandanten, des Arbeitgebers. Ergibt sich aus weiteren Erklärungen, dass der Arbeitgeber der Antragsteller ist, so will er im Zweifel eine umfassende Festsetzung beantragen, und zwar für seine eigenen und die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates, weil er – im Gegensatz zum erstinstanzlichen Urteilsverfahren – auch Letztere zu vergüten hat.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 12.12.2011; Aktenzeichen 8 BV 34/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.12.2011 über die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Festsetzung des Gegenstandswertes an das Arbeitsgericht Mainz zurückverwiesen.
Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Die Arbeitgeberin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit ihrer Verfahrensbevollmächtigten.
Die Arbeitgeberin hat gegenüber Ihrem Betriebsrat ein Beschlussverfahren gem. § 99 BetrVG anhängig gemacht mit dem Antrag,
die verweigerte Zustimmung des Antragsgegners zur Einstellung des Arbeitnehmers L. M. K. als erster Verkäufer (kommissarischer Teamleiter) im Bereich Food 2/Getränke mit einer Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden in die Gehaltsgruppe TL RH G 4b/1.TJ des Gehaltstarifvertrages zu ersetzen.
Der Betriebsrat hatte zunächst seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung des Arbeitnehmers K. versagt, weil er die Gefahr gesehen habe, dass das Arbeitsverhältnis des bisherigen Warenannahmeleiters durch die beabsichtigte Einstellung gefährdet sei. Dieser langjährig beschäftigte Warenannahmeleiter bezog eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente. Nachdem sich im Laufe des Verfahrens ergeben hatte, dass diesem Arbeitnehmer die Erwerbsunfähigkeitsrente über die ursprüngliche Befristung hinaus weiterbezahlt wird, hat der Betriebsrat seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung erteilt. Daraufhin haben beide Beteiligten das vorliegende Verfahren für erledigt erklärt. Das Arbeitsgericht hat das Verfahren sodann eingestellt. Die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin haben neben ihrer Zustimmung zur beabsichtigten Verfahrenseinstellung darüber hinaus beantragt, den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit festzusetzen.
Auf diesen Antrag hin hat das Arbeitsgericht die Arbeitgeberin und ihre Verfahrensbevollmächtigten zur beabsichtigten Festsetzung des Gegenstandswertes auf 4.000,– EUR angehört.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin haben mit Schriftsatz vom 24.11.2011 gegenüber dem Arbeitsgericht erklärt, in dem Beschlussverfahren „wird der Festsetzung des Gegenstandswertes auf 4.000,– EUR widersprochen”, weil allenfalls ein Gegenstandswert von 3.000,– EUR gerechtfertigt sei.
Die Richterin hat sodann den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats (erstmals) „Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen” zu diesem Einwand gegeben. Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates haben mit Schriftsatz vom 02.12.2011 der beabsichtigten Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts zugestimmt, weil vorliegend keine Anhaltspunkte für die Reduzierung des Hilfswertes erkennbar gewesen seien.
Das Arbeitsgericht hat sodann mit Beschluss vom 12.12.2011 den „Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin auf 4.000,– EUR festgesetzt”. Diesen Beschluss, der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, hat das Arbeitsgericht der Arbeitgeberin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten zugestellt und den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates „zur Kenntnisnahme” zugeleitet. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es, dass gegen diesen Beschluss die „Antragstellerin und deren Verfahrensbevollmächtigte” Beschwerde einlegen können.
Mit einem am 21.12.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin „hiermit namens und in Vollmacht der Beteiligten zu 1.)” (das ist die Arbeitgeberin) Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, es könne allenfalls ein Gegenstandswert von 3.000,– EUR festgesetzt werden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen mit dem Hinweis, die Festsetzung auf 4.000,– EUR sei gerechtfertigt und hat das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach Hinweis des Beschwerdege...