Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung. PKH. Rechtsanwalt. Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts
Leitsatz (redaktionell)
„Erforderlich erscheint” die Beiordnung eines Rechtsanwalts i.S.v. § 121 Abs. 2 ZPO, wenn ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt hätte. Das gebietet eine auf die jeweilige Lage bezogene Einzelfallprüfung und lässt eine Herausbildung von Regelsätzen, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen zu. Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilen sich vielmehr im Einzelfall nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit sowie Bedeutung der Sache für den Betroffenen, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, seine Rechte selbst wahrzunehmen sowie sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Partei der Hilfe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (hier der Rechtsantragstelle eines Arbeitsgerichts) vergewissern kann.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 14.06.2010; Aktenzeichen 2 Ca 602/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.06.2010 – 2 Ca 602/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 46 Abs. 2, 78 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zahlungsklage die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt.
Die Voraussetzungen für eine Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, da weder die Beklagte in dem Verfahren anwaltlich vertreten war noch die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich erscheint.
Was „erforderlich erscheint” ist im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsstaats- und dem in Art. 20 Abs. 1 GG verbürgten Sozialstaatsprinzip auszulegen. Nach diesen Grundsätzen muss die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehende angeglichen werden. Ein Rechtsanwalt ist daher beizuordnen, wenn ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt hätte. Das gebietet eine auf die jeweilige Lage bezogene Einzelfallprüfung und lässt eine Herausbildung von Regelsätzen, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen zu. Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilen sich vielmehr im Einzelfall nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit sowie Bedeutung der Sache für den Betroffenen, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, seine Rechte selbst wahrzunehmen sowie sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Partei der Hilfe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, hier: Der Rechtsantragstelle eines Arbeitsgerichts, vergewissern kann.
Eine Beiordnung ist daher regelmäßig dann erforderlich, wenn in Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht oder der Antragsteller nicht in der Lage ist, die Hilfe der Rechtsantragstelle in Anspruch zu nehmen.
Gleiches gilt, falls bereits im Gütetermin mit einer Erörterung des gesamten Streitverhältnisses durch den Vorsitzenden zu rechnen ist, die auch die Würdigung rechtlicher und tatsächlicher Umstände verlangt, und an der auch eine begüterte Partei im Interesse einer sachgerechten Rechtsverfolgung nicht ohne anwaltlichen Beistand teilnehmen würde. Allein die Möglichkeit, dass der Klagegegner Einwendungen erhebt, hat allerdings keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Schwierigkeit einer Sache. Dies ist jedem Zivilprozess immanent. Das kann dazu führen, dass es der antragstellenden Partei zuzumuten ist, den Verlauf des arbeitsgerichtlichen Gütetermins abzuwarten. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn derartige Einwendungen nicht nur möglich, sondern auch konkret zu erwarten sind (BAG v. 18.05.2010 – 3 AZB 9/10 –).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass vorliegend die Beiordnung eines Anwalts nicht zu erfolgen hatte. Auch eine bemittelte Partei in der Lage des Klägers hätte vernünftigerweise erst nach einer erfolglosen Güteverhandlung einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt.
Der Kläger war, als er den Prozess einleitete, 33 Jahre alt. Er ist von Beruf Koch. Irgendwelche Hinweise, dass er nicht in der Lage war, eine Rechtsantragstelle aufzusuchen und auf diesem Weg Klage zu erheben, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat gegenüber der Zahlungsklage keinerlei Einwendungen erhoben. Darüber hinaus hatte die Beklagte den streitbefangenen Arbeitsentgeltanspruch des Klägers bereits vor Klageerhebung mit Abrechnung vom 07.04.2010 abgerechnet u...