Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Beschwerde. Entgeltantrag. Feststellung. Gegenstandswert. Identität, wirtschaftliche. Streitwert. Teilkündigung. Reduzierung der Vergütung infolge Teilkündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Teilkündigung sind bei der Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit die Grundsätze über die Bewertung von unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigungen wegen Vergleichbarkeit der Interessenlage entsprechend anzuwenden.
2. Dementsprechend ist bei einer Teilkündigung in entsprechender Anwendung der Regelungen in § 42 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG grundsätzlich vom dreifachen Jahresbetrag des Wertes der Änderung auszugehen, höchstens jedoch vom Vierteljahresverdienst im Sinne von § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG. Bei einer Teilkündigung, die auf Reduzierung der Vergütung zielt, ist – ebenso wie bei einer entsprechenden unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung – von dieser Obergrenze grundsätzlich ein Abschlag in Höhe von 50 % vorzunehmen, da nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses insgesamt in Streit steht, sondern lediglich der Fortbestand von einzelnen Arbeitsbedingungen.
3. Bei wirtschaftlicher Identität zwischen einem Kündigungsschutzantrag und einem Entgeltantrag sind beide Anträge nicht gesondert zu bewerten, sondern es ist auf den jeweils höheren abzustellen. Wirtschaftliche Identität beider Streitgegenstände ist dann gegeben, wenn der Erfolg der Entgeltklage von dem der Kündigungsschutzklage abhängt. Die wirtschaftliche Identität kann aber nur soweit gehen, wie die Bewertung des Kündigungsschutzantrags reicht. Darüber hinausgehende Zahlungsanträge sind eigenständig zu bewerten. Diese Grundsätze gelten entsprechend bei einer Teilkündigung für die auf das gleiche wirtschaftliche Interesse gerichteten Entgeltanträge hinsichtlich des Zeitraums nach der vermeintlichen Änderung der gekündigten Arbeitsvertragsbedingungen.
4. Der Antrag auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ist unter Beachtung der Ermessenskriterien von §§ 3 ff. ZPO in der Regel mit einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten.
Normenkette
GKG § 42; RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 19.11.2009; Aktenzeichen 3 Ca 233/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.11.2009 – 3 Ca 233/09 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf 25.275,88 Euro festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer.
3. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.
Tatbestand
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehren die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes.
Der bei der Beklagten seit dem 01.09.2000 zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 8.320,83 Euro beschäftigte Kläger hat am 05.02.2009 Klage auf Feststellung erhoben, „dass die fristlose Kündigung über die garantierten monatlichen Tantiemezahlungen von 1.278,23 Euro vom 22.01.2009, zugegangen am 23.01.2009, unwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unverändert fortbesteht”. Zudem hat er die Tantiemezahlung in Höhe von 6.391,15 Euro brutto für den Zeitraum von Januar bis Mai 2009 geltend gemacht.
Darüber hinaus hat er die Entfernung einer Abmahnung vom 30.01.2009 aus der Personalakte begehrt.
Das Arbeitsgericht Mainz hat das erstinstanzliche Verfahren durch ein klagestattgebendes Urteil beendet, welches das Berufungsgericht teilweise abgeändert hat.
Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 19.11.2009 den Gegenstandswert ihrer anwaltlichen Tätigkeit auf 20.802,08 Euro festgesetzt.
Gegen diesen, den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.11.2009 zugestellten, Beschluss haben diese mit einem am selben Tag beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt – zuletzt mit dem Ziel, den Gegenstandswert auf 54.337,11 Euro festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt mit der Begründung, der Feststellungsantrag hinsichtlich der Teilkündigung sei entsprechend einer Änderungskündigung mit dem 1,5fachen eines Bruttomonatsentgelts zu bewerten und die Zahlungsanträge seien wegen wirtschaftlicher Identität nicht gesondert zu berücksichtigen.
Die Beschwerdeführer tragen vor, da der Bestand des Arbeitsverhältnisses nie Verfahrensgegenstand gewesen sei, müsse gem. § 42 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 GKG der 3fache Jahresbetrag angesetzt werden abzüglich des eingeklagten Betrages, der jedoch im Rahmen der Bewertung der Zahlungsklage wieder hinzuzurechnen sei.
Entscheidungsgründe
II. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gem. § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Mindestbeschwerdewert von 200,– EUR.
Das Recht...