Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwendung. Kostenfestsetzung. Rückfestsetzung. Ausnahmsweise Berücksichtigung materiell-rechtlicher Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Stehen die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Einwendung fest, so kann diese ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werdewn.
Normenkette
ZPO §§ 104, 107
Verfahrensgang
ArbG Trier (Beschluss vom 30.06.2009; Aktenzeichen 4 Ca 855/06) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 30.6.2009, Az. 4 Ca 855/06, aufgehoben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I. In dem dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Ausgangsverfahren wurde mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.9.2008, Az. 9 Sa 211/07, die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 14.02.2007 und das Ergänzungsurteil vom 11.04.2007, Az. jeweils 4 Ca 855/06, zurückgewiesen. Mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 11.05.2009 wurde der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Berufungsverfahren auf 212.777,60 EUR festgesetzt, nachdem das Arbeitsgericht vor dieser Festsetzung mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.12.2008 von einem Gegenstandswert von 303.251,88 EUR ausgegangen war. Einen Antrag der Klägerin auf Aufhebung des genannten Kostenfestsetzungsbeschlusses fasste das Arbeitsgericht als Antrag auf Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nach § 107 ZPO auf und setzte mit Beschluss vom 30.6.2009 die nach dem genannten Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz von dem Beklagten an die Klägerin im Wege der Rückfestsetzung gem. § 107 ZPO zu erstattenden Kosten auf 1.179,53 EUR nebst Zinsen fest.
Gegen diesen ihm am 03.07.2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 14.7.2009 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten.
Er verweist darauf, dass die Parteien in einem weiteren Rechtsstreit vor dem Landgericht München I, Az. 15 HK O 19981/06 am 04.05.2009 einen Vergleich geschlossen haben, der in Ziff. IV vorsieht:
„Mit diesem Vergleich sind sämtliche Ansprüche zwischen den Parteien gleich aus welchem Rechtsgrund, soweit sie nicht tituliert sind, abgegolten.”
Der Beklagte ist der Auffassung, diese Regelung stehe der vorgenommenen Rückfestsetzung entgegen und sei auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.
Mit Nicht-Abhilfevermerk vom 16.07.2009 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Der vorgenommenen Rückfestsetzung steht Ziff. IV des zwischen den Parteien vor dem Landgericht München I am 4.5.2009 geschlossenen Vergleichs, der alle Ansprüche der Parteien – mit Ausnahme bereits titulierter Ansprüche – und damit auch Kostenausgleichungsansprüche erfasst, entgegen.
Zutreffend ist zwar, dass das Kostenfestsetzungsverfahren nur den Zweck hat, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern, so dass materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Erstattungsanspruch grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch im Fall der sog. Rückfestsetzung (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 104 ZPO „Rückfestsetzung”). Eine Ausnahme hiervon wird aber gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer Einwendung feststehen (vgl. Zöller, aaO., „materiell-rechtliche Einwendungen”; BGH 11.10.2006 – XII ZR 285/02 – NJW 2007, 1213; OLG München 26.10.1998 –11 W 2387/98 – NJW-RR 1999, 655; OLG München 30.8.2005 – 11 W 1695/05 – NJW-RR 2006, 72).
Die umfassende Ausgleichsklausel ist durch das Protokoll der Verhandlung vor dem Landgereicht München I vom 4.5.2009 urkundlich dokumentiert. Die hieraus folgende Einwendung steht damit fest und war daher – ausnahmsweise – auch im Rückfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.
Soweit die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren geltend macht, bei der Rückfestsetzung handele es sich um einen titulierten Anspruch, ist darauf hinzuweisen, dass der mit der sofortigen Beschwerde angegriffene Rückfestsetzungsbeschluss vom 30.6.2009 datiert, mithin erst nach Abschluss des Vergleichs vor dem Landgericht München I, der am 4.5.2009 abgeschlossen wurde. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses war daher ein Kostenrückerstattungsanspruch der Beschwerdegegnerin noch nicht tituliert.
III. Der angefochtene Beschluss war daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO aufzuheben. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.
Fundstellen