Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassungsabfindung als Vermögen im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren. Teilweise Zurechenbarkeit der Entlassungsabfindung zum Vermögen des Antragstellers auf Prozesskostenhilfe. Schonbetrag für eine volljährige Person als Messgröße bei der anteiligen Zurechnung einer Entlassungsabfindung
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen sind Vermögen im Sinn des § 115 Abs. 3 ZPO (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05).(Rn.12)
2. Da dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, ist es ihm in der Regel nicht zumutbar, die gesamte Abfindung einzusetzen (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05).(Rn.12)
3. Auch nach der Neufassung des § 1 BarbetrV (juris: SGB12§90Abs2Nr9DV) mit Geltung ab dem 1. April 2017 kann als Anhaltspunkt für die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten die Höhe des Schonbetrages für eine volljährige Person dienen (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2018 - 5 Ta 561/17).(Rn.12)
Normenkette
BarbetrV § 1; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9; ZPO § 115 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 15.01.2018; Aktenzeichen 11 Ca 466/17) |
Tenor
- Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, Az. 11 Ca 466/17, vom 15. Januar 2018 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - dahingehend abgeändert, dass die Klägerin keinen Einmalbetrag, jedoch monatliche Raten in Höhe von 132,00 € zu leisten hat.
- Eine Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ist nicht zu erheben.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der zwischen den Parteien geführten Kündigungsrechtstreit endete am 18. Juli 2017 durch Abschluss eines Vergleichs, nach dessen Ziffer 2 sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin zum Ausgleich des Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 11.000,00 € brutto analog §§ 9, 10 KSchG mit rechtlichem Ausscheiden der Klägerin zum 30. November 2017 zu zahlen.
Durch Beschluss vom 31. Juli 2017 wurde der Klägerin sodann für die erste Instanz mit Wirkung vom 23. Juni 2017 Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass sie vorerst keinen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat. Es entstanden 1,75 € Gerichts- und 2.384,76 € Rechtsanwaltskosten, also insgesamt Kosten in Höhe von 2.386,51 €.
Mit Wertstellung zum 6. Dezember 2017 wurde der Klägerin die Abfindung in Höhe von 8.792,78 € ausgezahlt.
Daraufhin änderte das Arbeitsgericht nach Anhörung der Klägerin durch Beschluss vom 15. Januar 2018 die im Beschluss vom 31. Juli 2017 getroffene Zahlungsbestimmung dahingehend ab, dass die Klägerin am 1. Februar 2018 einen Einmalbetrag in Höhe von 2.386,51 € zu zahlen hat. Gegen diesen ihr zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 18. Januar 2018 zugestellten Änderungsbeschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 7. Februar 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie hat zur Begründung ausgeführt, lediglich die tatsächlich gezahlte Nettoabfindung sei zu berücksichtigen. Hiervon sei das ihr für sich und etwaige unterhaltsberechtigte Personen zustehende Schonvermögen sowie ein weiterer Schonbetrag in Höhe des für Ledige geltenden Betrages als Pauschale für die durch den Arbeitsplatzverlust typischerweise entstehenden Kosten abzusetzen. Zum Zeitpunkt der Zahlung fällige Schulden seien mit der gezahlten Abfindung zu saldieren. Sie habe mit der Abfindungszahlung ein Darlehen abgelöst, das im Übrigen als Finanzierung von einem Fahrzeug und für angefallene Reparaturen am und am vorherigen Fahrzeug aufgenommen worden sei. Das Fahrzeug habe sie benötigt, um der Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie sei aktuell immer noch arbeitslos, ihr Ehemann verfüge lediglich über eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von monatlich 572,63 €.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 9. März 2018 nicht abgeholfen.
II.
1.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 RPflG in Verbindung mit §§ 78 S. 1 ArbGG, 127, 567 ff. ZPO zulässig.
2.
Sie ist insoweit begründet, als der Klägerin keine Einmalzahlung in Höhe von 2.386,51 € aufzuerlegen war. Sie hat aber monatliche Raten in Höhe von 132,00 € an die Staatskasse zu zahlen.
a)
Nach § 120a Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung etwas erlangt hat, § 120a Abs. 3 S. 1 ZPO. Das Gericht soll nach der Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung Erlangte geboten ist (§ 120a Abs. 3 S. 2 ...