Entscheidungsstichwort (Thema)
Parteiidentität. Verschulden
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Beschwerdegericht ist im Verfahren nach § 5 KSchG auch ohne Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen. Wegen der Ausgestaltung des Verfahrens auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage bedarf es keiner Nichtabhilfeentscheidung des Ausgangsgerichts.
2. Die Gesetzesunkenntnis des Anwalts (hier Unkenntnis der Regelung des Art. 56 Nr. 8 ZA-NTS) kann nach § 5 Abs. 1 KSchG allenfalls ausnahmsweise entschuldbar sein, wenn es sich um ein ungewöhnliches, seltenes Rechtsgebiet handelt und die an sich gebotene Befassung des Rechtsanwalts mit diesem Rechtsgebiet durch irreführende Hinweise auf eine falsche Partei im Kündigungsschreiben verhindert wird.
Normenkette
KSchG § 5; ZA-NTS § 58; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 14.04.2004; Aktenzeichen 1 Ca 363/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom14.04.2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 2.400,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage.
Der Kläger ist seit 14.09.1987 bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. In dem letzten Arbeitsvertrag vom 02.01.1998 heißt es:
”Arbeitsvertrag |
(YY Reg XX) |
|
Zwischen |
vertreten durch WW (Arbeitgeber)
und
Herrn/Frau […]”
Unter § 2 des Arbeitsvertrages ist festgehalten, dass Inhalt des Arbeitsvertrages die Bestimmungen des Tarifvertrages für Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften (TV AL II) in der jeweils geltenden Fassung seien. Als „Nebenabrede” ist ein „Zusatz zum Arbeitsvertrag für VV Arbeitnehmer” vereinbart. Dem Kläger wurde unter dem Datum des 02.02.2004 unter dem Briefkopf „WW” Kläger gekündigt und ihm unter anderem mitgeteilt, dass er zur Entgegennahme seiner Arbeitspapiere sich nach der Entlassung an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Lohnstelle ausländischer Streitkräfte (ADD, LaS) in UU wenden möge.
Der Kläger erhob durch seine Prozessbevollmächtigten mit einem am 20.02.2004 beim Arbeitsgericht eingegangen Fax Kündigungsschutzklage, die er gegen die Dienststelle, wie sie im Arbeitsvertrag und im Kündigungsschreiben entsprechend den obigen Zitaten jeweils genannt war, als Beklagte richtete. Auf den schriftlichen Hinweis des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.02.2004, dass eine amerikanische Dienststelle nicht Partei eines Rechtsstreits sein könne und Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis ziviler Bediensteter mit den US-Stationierungsstreitkräften gegen die C zu richten seien, erklärte er schließlich im Gütetermin, dass die Klage gerichtet sein solle gegen die C, vertreten durch den C., dieser vertreten durch das Ministerium C, dieses vertreten durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – Lohnstelle ausländischer Streitkräfte – in U. Mit einem am gleichen Tage beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 10.03.2004 hat der Kläger darüber hinaus vorsorglich nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG begehrt.
Er hat – zusammengefasst – geltend gemacht, die Klage sei rechtzeitig, da sie sich gegen den Arbeitgeber gerichtet habe. Jedenfalls treffe an einer möglichen Versäumung der Klagefrist den Kläger kein Verschulden, da er nicht gewusst habe, dass die Kündigungsschutzklage gegen die C zu richten sei. Für seine Prozessbevollmächtigten sei nicht erkennbar gewesen, dass auf das Arbeitsverhältnis Art. 56 Abs. 8 ZA-NTS anwendbar sei. Ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten sei im Übrigen dem Kläger nicht zuzurechnen.
Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 01.04.2004 gegen eine nachträgliche Zulassung gewandt.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 14.04.2004, auf den Bezug genommen wird, den Antrag auf nachträgliche Zulassung zurückgewiesen. Gegen diesen ihm am 19.04.2004 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 30.04.2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Wegen der Begründung der Beschwerde, wird auf die Schriftsätze vom 30.04.2004 und 12.07.2004 Bezug genommen.
Wegen des Vorbringens der Beklagten, die Zurückweisung der Beschwerde begehrt, wird auf den Schriftsatz vom 02.06.2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
1.
Die Beschwerdekammer konnte in der Sache entscheiden, ohne auf die beim Landesarbeitsgericht und nicht beim Arbeitsgericht eingelegte Beschwerde hin zunächst eine Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts nach § 572 Abs. 1 ZPO durch Rücksenden der Akten zu veranlassen.
Nach zutreffender Ansicht ist das Landesarbeitsgericht im Verfahren nach § 5 KSchG auch ohne Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen. Es bedarf einer Nichtabhilfeentscheidung des Ausgangsgerichts gemäß § 572 Abs. 1 ZPO nicht. Dies folgt aus der besonde...