Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der nachträglichen Anordnung von Ratenzahlungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der betreffenden Partei

 

Leitsatz (amtlich)

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens steht der nachträglichen Anordnung einer Ratenzahlung gemäß § 120a ZPO im Hinblick auf bereits zuvor angefallene Gerichtskosten und gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG auf die Staatskasse übergegangene Rechtsanwaltsgebühren entgegen. Derartige, bereits bei Insolvenzeröffnung angefallene Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren sind Insolvenzforderungen, die die Staatskasse als Insolvenzgläubigerin nur im Insolvenzverfahren geltend machen kann.

 

Normenkette

InsO §§ 286, 294 Abs. 1, §§ 295, 38, 87, 89 Abs. 1; RVG § 59 Abs. 1 S. 1; ZPO § 120 a

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 12.11.2019; Aktenzeichen 3 Ca 229/17)

 

Tenor

  1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12. November 2019 - Az.: 3 Ca 229/17 - aufgehoben.
  2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
  3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer monatlichen Ratenzahlung im Rahmen ihm bewilligter Prozesskostenhilfe.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat dem Kläger nach verfahrensbeendendem Vergleich in der Hauptsache vom 22. Juni 2017 mit Beschluss vom 07. Juli 2017 Prozesskostenhilfe einstweilen ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Der Bewilligung lag die Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 25. Juni 2017 nebst Anlagen zugrunde, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 2 ff. d. PKH-Beiheftes verwiesen wird. Unter dem 01. August 2017 wurde die Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf 1.094,21 Euro festgesetzt.

Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 120a ZPO reichte der Kläger eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. September 2019 nebst Belegen zur Akte, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 59 ff. PKH-Beiheft Bezug genommen wird. Das Arbeitsgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 zu einer beabsichtigten Ratenzahlungsanordnung in Höhe von monatlich 66,00 Euro angehört, gegen den dieser eingewendet hat, der Ratenzahlungsanordnung stehe entgegen, dass er sich nach Eröffnung seines Privatinsolvenzverfahrens am 12. September 2018 und dessen Aufhebung mangels zu verteilender Masse am 12. September 2019 nunmehr in der Wohlverhaltensphase befinde.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12. November 2019 monatliche Raten in Höhe von 66,00 Euro angeordnet. Wegen der Begründung wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen den am 13. November 2019 zugestellten Beschluss mit am 27. November 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 22. November 2019 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, die Staatskasse gehöre mit ihrer bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Forderung zu den Insolvenzgläubigern und könne diese nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens, nicht jedoch im Wege der nachträglichen Zahlungsanordnung im Änderungsverfahren nach § 120a ZPO geltend machen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im weiteren Beschwerdeverfahren hat der Kläger seine Rechtsauffassung wiederholt und vertieft.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich.

1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG iVm. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 u. 3 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG zulässig, da sie fristgerecht eingelegt wurde und auch ansonsten statthaft ist.

2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Die zwischenzeitliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers, hinsichtlich dessen Restschuldbefreiung noch nicht eingetreten ist, steht der nachträglichen Anordnung einer Ratenzahlung gemäß § 120a ZPO im Hinblick auf die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Forderung der Staatskasse entgegen.

2.1. § 120a Abs. 1 ZPO sieht eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen vor, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben.

2.2. Ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der nachträglichen Anordnung von Zahlungen im Änderungsverfahren nach § 120a ZPO entgegensteht, wenn der Anspruch der Staatskasse - wie vorliegend - bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, ist streitig.

a) Teilweise wird dies mit der Begründung verneint, dass das unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegende Einkommen nicht der Zwangsvollstreckung unterliege und daher nicht zur Insolvenzmasse gehöre, weshalb insoweit kein Verfügungsverbot des Insolvenzschuldners bestehe (vgl. LAG Köln 07. Oktober 2015 - 1 Ta 231/15 - Rn. 3, OLG ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?