Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Prozesskostenhilfe. Vermögen. einzusetzendes Vermögen
Leitsatz (redaktionell)
Die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Abfindungen sind Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO, § 11a Abs. 3 ArbGG. Sie sind einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Auszugehen ist hierbei zunächst vom Nettobetrag der gezahlten Abfindung.
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9; ZPO § 115 Abs. 3, § 120 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 09.02.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1682/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 9. Februar 2011, Az.: 4 Ca 1682/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der 1966 geborene Kläger ist verheiratet und Vater von drei Kindern (geb. 1990, 1996 und 1998). Er war bei der Beklagten seit 1987 als gewerblicher Arbeitnehmer zu einem durchschnittlichen Monatslohn von EUR 2.600,00 brutto beschäftigt. Mit Schreiben vom 23.08.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgemäß zum 31.05.2011. Hiergegen wehrte sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage. Außerdem stellte er einen Weiterbeschäftigungsantrag, einen Antrag auf Entfernung einer Abmahnung sowie auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Das Arbeitsgericht bewilligte ihm durch Beschluss vom 21.10.2010 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung.
Der Prozess endete durch gerichtlich festgestellten Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO am 25.11.2010. Danach wird das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen am 31.05.2011 enden. Die Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger mit dem Lohn für den Monat Mai 2011 eine Abfindung in Höhe von EUR 9.000,00 brutto zu zahlen. Der Nettobetrag wird sich nach der Berechnung des Klägers auf EUR 7.116,48 belaufen.
Mit Beschluss vom 09.02.2011 änderte das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 21.10.2010 dahin ab, dass der Kläger am 15.06.2011 einen einmaligen Betrag von EUR 892,48 an die Landeskasse (auf die insgesamt an seinen Rechtsanwalt gezahlten EUR 1.094,21) zu zahlen hat. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, die er am 25.02.2011 eingelegt hat. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 31.03.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Kläger macht geltend, die vom Arbeitsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.06.2006 (3 AZB 12/5) stamme aus dem Jahr 2006. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen habe diese Entscheidung erst seit Ende des Jahres 2010 angewendet. Seinem Prozessbevollmächtigten, der schwerpunktmäßig beim Arbeitsgericht Ludwigshafen tätig sei, sei kein einziger Fall bekannt. Er habe auf die Fortsetzung der vierjährigen Praxis vertrauen und deshalb davon ausgehen dürfen, dass ihm die Abfindungssumme ungeschmälert verbleibt.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht die ursprünglich getroffene Zahlungsbestimmung nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO geändert, da sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich ändern werden. Dem Kläger wird Ende Mai 2011 in Form der Abfindungszahlung ein Vermögenswert zufließen, den er gemäß § 115 Abs. 3 ZPO grundsätzlich zur Tragung der Kosten der Prozessführung einzusetzen hat, soweit dies zumutbar ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 24.04.2006 (3 AZB 12/05 – NJW 2006, 2206) und des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. etwa Beschlüsse vom 26.06.2009 – 9 Ta 137/09; vom 24.06.2009 – 6 Ta 133/09; vom 16.01.2008 – 7 Ta 4/08) sind die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Abfindungen Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO, § 11 a Abs. 3 ArbGG. Es ist einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Auszugehen ist hierbei zunächst vom Nettobetrag der gezahlten Abfindung. Der Einsatz des so erzielten Vermögens ist allerdings nicht in vollständiger Höhe zumutbar i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO. Vielmehr ist dem Arbeitnehmer ein Schonbetrag zu belassen, dessen Höhe nach einer typisierenden Betrachtungsweise in Anlehnung an die Höhe des Schonbetrags für Ledige nach der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zu bestimmen ist (vgl. zur Berechnung im Einzelnen: BAG vom 24.04.2006, LAG Rheinland-Pfalz vom 16.01.2008, a.a.O.). Vorliegend errechnet sich ein Schonvermögen von EUR 6.224,00 (doppelter Freibetrag für den Kläger EUR 2.600 × 2, Freibetrag für Ehefrau und drei Kinder EUR 256,00 × 4). Unter Berücksichtigung dieses Schonvermögens wird dem Kläger von der am 31.05.2011 fälligen Abfindung – wenn sie tatsächlich gezahlt wird – ein Restnetto...