Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswertfestsetzung. Vergleichsmehrwert
Leitsatz (redaktionell)
Ein Vergleichsmehrwert kann sich nur ergeben, wenn über die im Vergleichstext zusätzlich enthaltenen Punkte zuvor zumindest außergerichtlich gestritten wurde oder sich der Arbeitgeber mit der Erfüllung von im Vergleich protokollierten Verpflichtungen bei Vergleichsschluss in Verzug befunden hat.
Normenkette
BGB § 779; ArbGG a.F. § 12 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 02.08.2004; Aktenzeichen 7 CA 1650/04) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.08.2004, Az.: 7 Ca 1650/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 777,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger war seit dem 02.03.1998 bei der Beklagten als Einrichter in der CNC-Abteilung mit einer Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden gegen Zahlung eines Stundenlohnes in Höhe von 12,08 EUR brutto beschäftigt.
Mit Schreiben vom 09.06.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich. Der Kläger hat daraufhin beim Arbeitsgericht Ludwigshafen Klage erhoben und beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 09.06.2004 – dem Kläger zugegangen am 09.06.2004 – nicht aufgelöst worden ist,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 09.06.2004 – zugegangen am 09.06.2004 – nicht aufgelöst worden ist.
Der anschließende Rechtsstreit ist in der Güteverhandlung vom 14.07.2004 durch folgenden gerichtlich protokollierten Vergleich beendet worden:
„Vergleich:
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, arbeitgeberseitiger Kündigung vom 09.06.2004 zum 31.08.2004 sein Ende finden wird.
- Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet und der sich daraus ergebende Nettobetrag an den Kläger ausbezahlt.
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger bis zum Beendigungszeitpunkt unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und sonstigem Zeitguthaben von der Arbeitsleistung freigestellt bleibt.
- Für den Verlust des sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte an den Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziffer 9 EStG einen Betrag von 2.500,00 EUR brutto/netto.
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Lebensversicherung mit der Versicherungs-Nr.: mit dem derzeitigen Einzahlungsstand auf den Kläger übertragen wird.
- Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis.
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieses Vergleichs sämtliche geldwerten Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich seiner Beendigung – seien sie derzeit bekannt oder unbekannt – erledigt sind.”
Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Arbeitsgericht anschließend den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Beklagtenvertreters festgesetzt. Dabei hat es mit Beschluss vom 02.08.2004 für Verfahren und Vergleich einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR in Ansatz gebracht. Zur Begründung dieser Wertfestsetzung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, ein Vierteljahresverdienst des Klägers sei gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG nicht nur für das Verfahren, sondern auch für den Vergleich zu berücksichtigen gewesen, zumal die in den Vergleichstext aufgenommenen, über die Regelung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinausgehenden Ansprüche sich nicht werterhöhend ausgewirkt hätten, da diese unstreitig gewesen seien. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, dem der Wertbeschluss des Arbeitsgerichtes am 05.08.2004 zugestimmt worden ist, hat gegen diese Entscheidung am 06.08.2004 sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Beklagtenvertreter macht geltend,
zur Begründung seines Rechtsbehelfes sei auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 04.02.2003 (Az.: 2 AZB 18/02) zu verweisen. Diese Entscheidung setze gedanklich voraus, dass „mitverglichenen” Streitgegenständen ein Gegenstandswert zukomme, da sich das Bundesarbeitgericht sonst nicht mit Gebühren für die mitverglichenen Streitgegenstände hätte befassen müssen.
Die Versagung eines Gegenstandswertes für „mitverglichene” Streitgegenstände bedeute einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwaltes, da dieser kostenlos unter Verstoß gegen das Gebührenverzichtsverbot diese Angelegenheiten bearbeiten müsse.
Über Ziffer 5 des gerichtlichen Vergleiches sei in der Verhandlung diskutiert worden. Über die Frage des wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnisses sei „vor der Tür” gesprochen worden.
Die in dem gerichtlichen Vergleich getroffene Freistellungsvereinbarung sei bei der Wertfestsetzung mit einem Einzelwert in Höhe von 2,5 Monatsgehältern zu berücksichtigen.
Dass im vorliegenden Fall ein erhöhter Gegenstandswert für den Vergleich anzusetzen gewesen sei, ergebe sich im Übrigen auch aus einer gesetzgeberischen Entscheidung ...