Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsleistung, Freistellung. Beschlussverfahren. Freistellung. Gegenstandswert. Hilfswert. Regelwert. Streitwert. Verfügung, einstweilige. Hilfswert in § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Freistellung eines Betriebsratsmitglied für Betriebsräteversammlung. Verschlechterungsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem in § 23 Abs. 3 S. 2 RVG genannten Betrag von 4.000 Euro handelt es sich um keinen „Regelwert”, sondern um einen Hilfswert, auf den nur dann abzustellen ist, wenn im Einzelfall alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung fehlen.
2. Begehrt der Betriebsrat die „Freistellung” eines Betriebsratsmitglieds von der Arbeitsleistung für die Teilnahme an einer zentral durchgeführten Betriebsräteversammlung, dann kann hierfür nicht auf den Hilfswert von 4.000 Euro abgestellt werden, sondern auf den Arbeitsverdienst des Betriebsratmitglieds für die fragliche Zeit (Fortführung von 1 Ta 80/08).
3. Anders als im Verfahren nach § 68 Abs. 1 GKG gilt im Beschwerdeverfahren von § 33 Abs. 3 RVG das Verbot der reformatio in peius.
4. Die Kostenfreiheit aus § 2 Abs. 2 GKG für das Beschlussverfahren gilt nicht für ein vom Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in dieser Verfahrensart durchgeführtes Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 17.06.2009; Aktenzeichen 1 BVGa 6/09) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.06.2009 – 1 BVGa 6/09 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beschwerdeführern auferlegt.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehren die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes.
Der Betriebsrat hat mit einer am 16.01.2009 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Antragsschrift den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt mit dem Ziel, zwei Mitglieder des örtlichen Betriebsrats, die Beteiligten zu 2 und zu 3, zu einer dreitägigen Betriebsräteversammlung entsenden zu können. Hierzu hat der Betriebsrat folgenden Antrag gestellt:
„Die Beteiligte zu 4 (Arbeitgeberin) wird verurteilt, die Beteiligten zu 2.) und 3.) für die Teilnahme an der Betriebsräteversammlung vom 27.01.2009 bis 29.01.2009 in G-Stadt von der Arbeitsverpflichtung und von den Kosten für die Unterbringung und Verpflegung sowie den Fahrtkosten freizustellen”.
Hintergrund des Verfahrens war die Übernahme der Arbeitgeberin von zahlreichen Warenhäusern eines bisherigen Konkurrenzunternehmens. Da die Arbeitgeberin sich bundesweit gegen die Durchführung der fraglichen Betriebsräteversammlung ausgesprochen hatte, haben zahlreiche Betriebsräte einschlägige einstweilige Verfügungen bei verschiedenen Arbeitsgerichten begehrt. Unter anderem hat auch der Gesamtbetriebsrat ein einschlägiges Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz für insgesamt 40 Gesamtbetriebsratsmitglieder anhängig gemacht gehabt. Nachdem das Arbeitsgericht Mainz im Verfahren des Gesamtbetriebsrates den Antrag zurückgewiesen hatte, hat der Betriebsrat am 23.01.2009 den vorliegenden Antrag zurückgenommen, nachdem der Gesamtbetriebsrat beschlossen hatte, die fragliche Tagung nicht durchzuführen.
Nach Anhörung aller Beteiligter hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 17.06.2009 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats auf 2.500,00 Euro festgesetzt. Hierzu hat es angegeben, der Freistellungsantrag sei mit dem „Regelwert” von 4.000,00 Euro zu bewerten und an Teilnahmekosten entstünden rund 1.000,00 Euro. Wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens sei der Gesamtwert zu halbieren.
Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, wegen der besonderen Bedeutung der Angelegenheit sei der doppelte Regelwert anzunehmen. Hierfür könne allenfalls ein Abschlag in Höhe von einem Drittel oder einem Viertel wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorgenommen werden.
Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hat es dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig.
In der Sache ist das Rechtsmittels jedoch unbegründet. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Wert von 2.500,00 Euro ist allenfalls zu hoch, jedoch keineswegs zu niedrig.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen, soweit er sich aus den Bestimmungen des RVG und GKG nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht. Nur in Fällen der Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenstän...