Entscheidungsstichwort (Thema)

ALG. Aufhebung. Bescheid. Erklärungspflicht. Glaubhaftmachung. Partei. Prozesskostenhilfe. Umfang. Aufhebung der Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Eine über die Mitteilungsobliegenheit nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hinausgehende zu weite Aufforderung an die Partei im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens kann geheilt werden, indem der Rechtspfleger die Vorlage von genau bezeichneten Belegen verlangt.

2.) Es ist nicht ermessensfehlerhaft, im Rahmen der Glaubhaftmachung nach § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Kopie eines Bescheides über die Bewilligung von ALG zu verlangen, auch wenn die Partei bereits einen Kontoauszug vorgelegt hat, aus dem sich die Zahlung von ALG ergibt.

 

Normenkette

ArbGG § 78; ZPO §§ 118, 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Abs. 2, § 127 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 18.08.2009; Aktenzeichen 9 Ca 501/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.08.2009 – 9 Ca 501/06 – wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der ihr gewährten Prozesskostenhilfe.

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin für ihre Zahlungsklage mit Beschluss vom 07.07.2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt.

Mit Schreiben vom 11.05.2009 forderte der Rechtspfleger die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten auf, möglichst umgehend ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen.

Nachdem die Klägerin hierauf trotz mehrfacher Mahnungen und des Hinweises, die Prozesskostenhilfebewilligung könne nach § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben werden, nicht reagierte, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 18.08.2009 den Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

Mit Schreiben vom 20.08.2009, das der Rechtspfleger als Beschwerde ausgelegt hat, teilte die Klägerin mit, sie bekomme nur Arbeitslosengeld II und müsse warten, bis sie einen neuen Bescheid erhalte. Dem Schreiben fügte sie das ausgefüllte Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 3 ZPO und einen Kontoauszug vom 31.07.2009 bei. Mit Schreiben vom 24.08.2009 forderte der Rechtspfleger in der Parallelsache 5 Ca 1109/06 unmittelbar die Klägerin auf, eine Abschrift des Arbeitslosengeldbescheids einzureichen, sobald dieser vorliegt.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen den ihm am 24.08.2009 zugegangenen Beschluss vom 18.08.2009 mit einem beim Arbeitsgericht am 22.09.2009 eingegangenen Schriftsatz (ebenfalls) Beschwerde eingelegt. Mit Schreiben vom 24.09.2009 forderte der Rechtspfleger den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf, die Beschwerde zu begründen. Dem kam die Beschwerdeführerin trotz weiterer Aufforderungen des Arbeitsgerichts nicht nach.

Am 30.12.2009 forderte der Rechtspfleger unmittelbar die Klägerin unter Fristsetzung auf, eine Abschrift des aktuellen Bescheids der Bundesagentur für Arbeit oder der ARGE vorzulegen, um die Vorlage an das Beschwerdegericht zu vermeiden. Die Klägerin reagierte hierauf nicht.

Mit Beschluss vom 27.01.2010 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss vom 18.08.2009 nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat der Rechtspfleger ausgeführt, die Klägerin habe im Abhilfeverfahren zwar eine Übersicht über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, nicht aber die als Nachweis geforderte Kopie des Bescheids über den Bezug von Arbeitslosengeld II.

Das Landesarbeitsgericht hat der Beschwerdeführerin über ihren Prozessbevollmächtigen eine weitere Frist zur Begründung der Beschwerde gesetzt. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion.

 

Entscheidungsgründe

II. Die nach § 78 ArbGG i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Entscheidung des Rechtspflegers erweist sich im Ergebnis als richtig.

Nach § 124 Nr. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht abgegeben hat. Auf Verlangen des Gerichts hat sich dabei die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung ihrer für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Aus dem Gesetzeswortlaut folgt nur die Verpflichtung der Partei, sich darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Die Vorlage einer vollständigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist nicht erforderlich und kann nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz nicht verlangt werden (vgl. z.B. Beschl. v....

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