Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit des Arbeitsrechtswegs für Rückforderungsklage des Insolvenzverwalters wegen unentgeltlich erbrachter Leistungen der Insolvenzschuldnerin aufgrund eines nur zum Schein abgeschlossenen Anstellungsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Macht der Insolvenzverwalter mit seiner Klage nicht die Rückabwicklung einer arbeitsrechtlichen Leistungsbeziehung sondern die Rückzahlung einer unentgeltlichen Leistung der Schuldnerin im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO mit der Darlegung geltend, dass der Anstellungsvertrag nur zum Schein geschlossen worden und von vornherein beabsichtigt gewesen ist, dass der Beklagte keinerlei Tätigkeiten für die Insolvenzschuldnerin ausführen sollte, ist der ordentliche Rechtsweg begründet.

2. Das gilt auch dann, wenn der Beklagte einwendet, dass die Gehaltszahlungen in Erfüllung der Verpflichtung zur Zahlung von Vergütung für erbrachte Arbeitsleistungen und daher nicht unentgeltlich erfolgte; der für die Zulässigkeit des Rechtswegs maßgebliche Streitgegenstand wird nicht vom Sachvortrag des Beklagten sondern ausschließlich von dem des Klägers bestimmt.

3. Kann der geltend gemachte Zahlungsanspruch nur dann bestehen, wenn die Rückforderung eine unentgeltliche Leistung betrifft und damit nicht in Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten erfolgte, ist die Klage nur dann begründet, wenn kein Arbeitsverhältnis vorliegt und deshalb keine Streitigkeit "aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG gegeben ist; in einem solchen Fall ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch deshalb unzulässig, weil das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG lediglich eine (negative) Vorfrage für den geltend Anspruch auf Rückgewähr einer unentgeltlichen Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO ist.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a), Buchst. b); InsO § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 21.03.2014; Aktenzeichen 4 Ca 2012/13)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.11.2014; Aktenzeichen 10 AZB 52/14)

 

Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.03.2014 - 4 Ca 2012/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Parteien streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 01.10.2010 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der T. GmbH. Unter dem 06.11.2009 unterzeichneten die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte ein mit "Anstellungsvertrag" überschriebenes Schriftstück, nach dessen Inhalt der Beklagte bei der Insolvenzschuldnerin als Angestellter im Bereich Marketing gegen ein monatliches Bruttogehalt von 3.668,00 EUR tätig werden sollte.

In der Zeit vom 05.01.2010 bis zum 01.07.2010 zahlte die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten insgesamt 16.007,13 EUR. Mit seiner am 23.10.2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Rückzahlung dieses Betrages wegen Insolvenzanfechtung.

Der Kläger macht geltend, der Anstellungsvertrag vom 06.11.2009 sei nur zum Schein geschlossen worden. Die als Arbeitsvergütung deklarierten Zahlungen an den Beklagten seien ausschließlich aufgrund eines von diesem der Insolvenzschuldnerin gewährten Darlehens erfolgt. Es sei von vornherein beabsichtigt gewesen, dass der Beklagte keinerlei Tätigkeiten für die Insolvenzschuldnerin ausführen sollte. Bei den von der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten geleisteten Zahlungen handele es sich daher um unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO, die nach § 143 Abs. 1 InsO vom Beklagten zurückzuzahlen seien.

Der Beklagte macht geltend, unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben. Es treffe indessen nicht zu, dass der Anstellungsvertrag mit der Insolvenzschuldnerin nur zum Schein geschlossen worden sei. Die in dem Vertrag genannte Marketingtätigkeit habe darin bestanden, dass er für die Insolvenzschuldnerin weitere Interessenten angeworben habe. Diese Tätigkeit habe er u.a. von zuhause aus betrieben. Er habe der Insolvenzschuldnerin 40 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestanden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 21.03.2014 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt. Gegen diesen, ihm am 14.04.2014 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 28.04.2014 sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung seiner Beschwerde macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Diesbezüglich sei anerkannt, dass für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin auf Rückgewähr geleisteter Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben sei. Für die Frage der Zulässigk...

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