Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der gerichtlichen Bestellung eines Wahlvorstands für die erste Betriebsratswahl

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstands für die erste Betriebsratswahl setzt gem. § 17 Abs. 4 BetrVG voraus, dass es den Arbeitnehmern des Betriebs nicht gelungen ist, auf einer Wahlversammlung, zu der ordnungsgemäß eingeladen wurde, einen Wahlvorstand zu wählen. Demgemäß scheidet die gerichtliche Bestellung bereits dann aus, wenn zu der Wahlversammlung nicht ordnungsgemäß eingeladen wurde.

2. Die Anforderungen an die Einladung zur Wahlversammlung sind in kleinen betriebsratslosen Betrieben, deren Inhaber der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats nicht positiv gegenübersteht, nicht geringer anzusetzen.

 

Normenkette

BetrVG § 17 Abs. 4, 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 22.11.2018; Aktenzeichen 2 BV 12/18)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 22. November 2018, Az. 2 BV 12/18, wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 5) produziert im Schichtbetrieb vegetarische Lebensmittel. Sie beschäftigt ca. 130 Arbeitnehmer; es besteht kein Betriebsrat. Der Betrieb liegt im Gewerbegebiet der Ortsgemeinde I-Stadt. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs, die Beteiligte zu 4) ist die im Betrieb vertretene Gewerkschaft.

Am 13.04.2017 fand auf Einladung der Gewerkschaft eine (erste) Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands statt. Der in dieser Versammlung gewählte Wahlvorstand konstituierte sich, sämtliche Mitglieder sowie Ersatzmitglieder legten ihre Ämter jedoch am 05.07.2017 nieder. Daraufhin hat die Gewerkschaft am 01.08.2017 die gerichtliche Ergänzung des aus ihrer Sicht in Person des (ehemaligen) Vorsitzenden fortbestehenden Wahlvorstands, hilfsweise die gerichtliche Bestellung eines (neuen) Wahlvorstands beantragt. Das Arbeitsgericht Trier hat die Anträge mit Beschluss vom 18.01.2018 (2 BV 58/17) zurückgewiesen, das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Beschwerde der Gewerkschaft mit Beschluss vom 18.01.2019 (1 TaBV 11/18) zurückgewiesen.

Mit einem Schreiben vom 06.02.2018 luden die Beteiligten zu 1) bis 3) alle im Betrieb Beschäftigten zu einer (zweiten) Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands ein. Die Einladung lautet auszugsweise:

"... leider besteht in unserem Betrieb immer noch kein Betriebsrat, der die Interessen der Belegschaft vertreten könnte. ... Wir wollen dies ändern und laden daher alle im Betrieb Beschäftigten zu einer

Versammlung

am: 21. Februar 2018

um: 13 Uhr

in: I-Stadt (genauer Veranstaltungsort wird durch F. bekanntgegeben) ein.

Tagesordnung

... Es wird ein Wahlvorstand aus dem Kreise der Beschäftigten gewählt, der die Betriebsratswahl durchführt. ..."

Dieses Einladungsschreiben, das keinen konkreten Versammlungsort, sondern nur die Ortsgemeinde nennt, wurde am 07.02.2018 im Betrieb ausgehängt. Weil die Arbeitgeberin für den 21.02.2018 keinen Versammlungsraum organisierte, mietete die Gewerkschaft im Gewerbegebiet der Ortsgemeinde I-Stadt einen Raum im Gebäude der Firma Z. GmbH, in dem bereits die erste Versammlung stattgefunden hat.

Am Samstag, dem 17.02.2018 verteilten die Beteiligten zu 1) bis 3) eine Einladung unter konkreter Angabe des Versammlungsorts in den Spinden der Arbeitnehmer aus der Produktion. Die Mitarbeiter der Verwaltung haben keine Spinde und arbeiten samstags nicht. Außerdem steckten die Beteiligten zu 1) bis 3) die um den Versammlungsort ergänzten Einladungen am Dienstag, dem 20.02.2018 unter die Scheibenwischer aller auf dem Betriebsparkplatz abgestellten Pkw und hefteten sie außerdem an beide Eingangstüren.

Am 21.02.2018 eröffnete der Beteiligte zu 2) als Einladender die Versammlung. Bis 13:10 Uhr erschienen zehn Arbeitnehmer. Für die Gewerkschaft erschienen ein Gewerkschaftssekretär und eine Rechtsanwältin. Selbst die Beteiligte zu 1) und der Beteiligte zu 3) als Einladende erschienen nicht. Der Beteiligte zu 3) war erkrankt, die Beteiligte zu 1) blieb an ihrem Arbeitsplatz in der Produktion. Um 13:15 Uhr brach der Beteiligte zu 2) die Versammlung ab.

Mit ihrer am 07.03.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragschrift beantragen die Beteiligten zu 1) bis 4) die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstands sowie die Bestellung von zwei Ersatzmitgliedern. Der Beteiligte zu 2) soll als Vorsitzender, die Beteiligten zu 1) und 3) als weitere Mitglieder und zwei Gewerkschaftssekretäre der N. als Ersatzmitglieder bestellt werden.

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Beschluss vom 22.11.2018 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die Bestellung eines Wahlvorstands durch das Gericht komme nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG nicht in Betracht. Ob die Betrie...

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