Entscheidungsstichwort (Thema)

Erklärungspflicht. Erreichbarkeit, postalische. Nachprüfungsverfahren. Prozesskostenhilfe, Aufhebung der. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Erklärungspflicht nach § 120 Abs. 4 ZPO und postalische Erreichbarkeit des Prozesskostenhilfeberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass die Partei, der PKH bewilligt war, im vierjährigen Überprüfungszeitraum unter der gemeldeten Wohnanschrift postalisch nicht erreichbar ist, liegt in ihrer Sphäre. Dies entbindet sie nicht von der Abgabe der geforderten Erklärungen im Rahmen von § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO.

 

Normenkette

ArbGG § 78; ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nr. 2, §§ 127, 567

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 01.12.2010; Aktenzeichen 5 Ca 1593/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 01.12.2010 – 5 Ca 1593/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.

Das Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – hat dem Kläger für die von ihm betriebene Kündigungsschutzklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger aufgefordert, zu erklären, ob zwischenzeitlich eine Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 01.12.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 08.12.2010, den Beschluss über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben.

Mit einem am 16.12.2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt und vorgebracht, er habe wegen eines Umzugs die gerichtlichen Aufforderungsschreiben nicht erhalten und daher nicht reagieren können. Das Arbeitsgericht hat dem Beschwerdeführer daraufhin eine erneute Frist zur Abgabe der geforderten Erklärung gesetzt. Nachdem der Beschwerdeführer die Erklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgegeben hat, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesarbeitsgericht hat mit Verfügung vom 25.01.2011 unter Fristsetzung zum 10.02.2011 dem Beschwerdeführer nochmals Gelegenheit gegeben, die geforderte Erklärung abzugeben. Die Äußerungsfrist verstrich, ohne dass ein Eingang festgestellt werden konnte.

 

Entscheidungsgründe

II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den beschwerdeführenden Kläger zu Recht nach §§ 124 Nr. 2 i.V.m. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO aufgehoben.

Gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO kann das Gericht gegenüber einer Partei, deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse sich nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblich verändert haben, innerhalb von 4 Jahren die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern.

Der Partei obliegt es daher nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO, sich auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Der Umstand, dass die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt war, im vierjährigen Überprüfungszeitraum unter der gemeldeten Wohnanschrift postalisch nicht erreichbar ist, liegt in ihrer Sphäre. Dies entbindet sie nicht von der Abgabe der geforderten Erklärungen im Rahmen von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 09.07.2009 – 1 Ta 142/09). Dies gilt auch, wenn der beigeordnete Prozessbevollmächtigte keinen Kontakt mehr zu seinem Mandanten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 19.07.2006 – 3 AZB 18/06, vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 03.04.2009 – 1 Ta 46/09) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag – wie hier – bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde.

Da der Beschwerdeführer der Verpflichtung aus § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO bislang auch nach Aufforderung durch das Beschwerdegericht nicht nachgekommen ist, hatte es bei der Aufhebung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses zu verbleiben.

Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 S. 1 ZPO war vorliegend nicht veranlasst.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2669662

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