Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtliches Gehör. nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage. Rechtskraft. Gegenvorstellung
Leitsatz (amtlich)
Der rechtskräftige Beschluß des Landesarbeitsgerichtes über eine sofortige Beschwerde im Verfahren nach § 5 KSchG kann aufgrund einer Gegenvorstellung abgeändert werden, wenn der Beschluß auf einer Verletzung des Anspruches einer Partei auf rechtliches Gehör beruht.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ArbGG § 78 Abs. 2; KSchG § 5
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 27.11.1996; Aktenzeichen 2 Ca 1931/96) |
Tenor
1.Auf die Gegenvorstellung der Beklagten vom 14.04.1997 wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.02.1997 (8 Ta 254/96) aufgehoben.
2.Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27.11.1996 (2 Ca 1931/96) wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28.06.1996, der am gleichen Tag per Fax bei dem Arbeitsgericht Koblenz einging, gegen die ihr am 22.05.1996 zugegangenen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten Kündigungsschutzklage eingereicht. Diese war verbunden mit einem Antrag auf Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG. Zur Begründung des Antrages auf Zulassung der verspäteten Klage machte die Klägerin in der Klageschrift geltend, daß das Kündigungsschreiben … vom … 20.05.1996 … ihren Prozeßbevollmächtigten, der … erst am 27.06.1996 per Fax zugegangen sei. Mit Schriftsatz vom 19.08.1996 legte die Klägerin unter Beweisangebot dar, auf welche Weise es zur verspäteten Erhebung der Klage gekommen war.
Neben dieser Klage hat die Klägerin beantragt,
die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen.
Die Beklagte hat beantragt,
diesen Antrag zurückzuweisen.
Durch Beschluß vom 27.11.1996 hat das Arbeitsgericht Koblenz den Antrag der Klägerin zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde der Klägerin nicht vor dem 05.12.1996 zugestellt. Gegen diesen Beschluß hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.12.1996, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht einging, sofortige Beschwerde eingelegt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz den Beschluß des Arbeitsgericht Koblenz am 17.02.1997 abgeändert und dem Antrag der Klägerin stattgegeben. Hierauf hat die Beklagte am 14.04.1997 Gegenvorstellung erhoben und die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Die Beklagte hatte am 22.01.1997 per Fax einen Schriftsatz an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz übersandt, der an diesem Tage um 16.11 Uhr einging. Faxnummern und sonstige Daten der Faxübertragung auf dem Sendeprotokoll der Beklagten stimmen mit dem Eingangsprotokoll des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz überein. Die Seitenanzahl des gefaxten Schriftsatzes und der mit der Gegenvorstellung nachgereichten Kopie dieses Schriftsatzes stimmen überein. Das nicht mehr auffindbare Fax wurde der Akte nicht beigefügt und war daher dem Richter zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 17.02.1997 nicht bekannt.
Die Klägerin beantragt,
den Antrag der Beklagten vom 14.04.1997 als unzulässig zu verwerfen
hilfsweise
den Beschluß vom 17.02.1997 auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.01.1997 zu bestätigen.
Die Beklagte beantragt,
die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27.11.1996 zur Geschäfts-Nr. 2 Ca 1931/96 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Vortrages der Parteien wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze und Schriftstücke der Parteien nebst Anlagen und die sonstigen Aktenteile, insbesondere den Punkt I des angefochtenen Beschlusses.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Die sofortige Beschwerde ist fristgericht eingelegt. Der Beschluß des Arbeitsgerichts Koblenz wurde der Klägerin nicht vor dem 05.12.1996 zugestellt. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde begann gem. § 187 BGB am 06.12.1996 zu laufen. Gem. § 577 II 1 ZPO beträgt diese Frist vierzehn Tage und endete somit gem. § 188 I BGB am 19.12.1996.
2.
Die Gegenvorstellung der Beklagten ist zulässig. Der Beschluß vom 17.02.1997 beruht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 I GG zu Lasten der Beklagten.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet, daß den von einer Entscheidung betroffenen Parteien vor der Entscheidung hinreichend Gelegenheit gegeben werden muß, sich zu der Sache zu äußern und daß das erkennende Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (Kunig in v.Münch (Hrsg), Kommentar zum GG, Art. 103 Rz.: 9 f.). Die Beklagte hat durch ihre Vertreter alles in ihrer Macht Stehende getan, um zu der sofortigen Beschwerde der Klägerin in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung nehmen zu können. Sie hat einen Schriftsatz per Fax an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz übersandt. Der Weg der Schriftsatzübermittlung per Fax ist als zulässige Übermittlungsform anerk...