Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung. Ermittlungsverfahren. Straftat. Aussetzung des Verfahrens wegen Verdacht einer Straftat
Leitsatz (redaktionell)
Dem (beschränkten) Erkenntniswert eines durchgeführten Strafverfahrens steht im Fall der Aussetzung eine regelmäßig erhebliche Verzögerung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gegenüber. Dies kann gerade für eine Bestandsstreitigkeit nur hingenommen werden, wenn gewichtige Gründe für den Vorrang des Ermittlungs- oder Strafverfahrens vorliegen.
Normenkette
ZPO § 149
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 02.09.2008; Aktenzeichen 6 Ca 629/08) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 02.09.2008, Az.: 6 Ca 629/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Klägerin (geb. am 27.07.1961, verheiratet, drei Kinder) ist seit dem 10.07.1995 bei der Beklagten angestellt. Sie wurde zuletzt als Marktleiterin der Filiale B. zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 2.917,64 eingesetzt. Die Beklagte beschäftigt weit mehr als zehn Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 30.04.2008, der Klägerin am gleichen Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 19.05.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Die Beklagte begründet die fristlose Kündigung damit, dass die Klägerin Anfang April 2008 Tageseinnahmen der Filiale in Höhe von EUR 7.070,00 unterschlagen haben soll. Sie habe den Safebag mit den Tageseinnahmen nicht in den Tresor eingelegt, sondern an sich genommen. In den Filialunterlagen seien die entsprechenden Einnahmen vermerkt, nicht jedoch, dass dieser Betrag von der Fa. C., der beauftragten Geldentsorgungsfirma, übernommen worden sei. Die Klägerin bestreitet den Vorwurf. Mit Schriftsatz vom 28.08.2008 beantragte sie, den Rechtsstreit gemäß § 149 ZPO auszusetzen. Sie habe am 14.08.2008 davon Kenntnis erlangt, dass strafrechtliche Schritte gegen sie eingeleitet worden seien. Die Ermittlungen im Strafverfahren (StA Bad Kreuznach, Az.: 1022 Js 11142/08) wegen des Verdachts der Untreue hätten, gleich zu welchem Ergebnis sie führten, Einfluss auf die Entscheidung im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens mit Beschluss vom 02.09.2008 (Bl. 50-53 d. A.) abgelehnt. Gegen diesen ihr am 08.09.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit einem am 22.09.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit Beschluss vom 29.09.2008 (Bl. 63-64 d. A.) hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung ihrer sofortigen Beschwerde führt die Klägerin aus, durch das Abwarten des Ausgangs des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens könnten die unter Umständen besseren Erkenntnismöglichkeiten im Strafverfahren nutzbar gemacht und widersprechende Entscheidungen vermieden werden. Der Beschleunigungsgrundsatz sei in einer derartigen Konstellation nur von geringem Gewicht. Überflüssige Mehrarbeit durch die erforderliche Vernehmung von Zeugen zu den Geschehensabläufen sowohl im Strafverfahren als auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren könnte vermieden werden. Im Strafverfahren seien bessere Erkenntnismöglichkeiten vorhanden, da hier festgestellt werden könne, welcher Fahrer der Geldentsorgungsfirma C. am betreffenden Tag gefahren sei. Dies werde im arbeitsgerichtlichen Verfahren bereits deshalb sehr schwierig sein, da insoweit auf Anonymität Wert gelegt werde. Ebenso werde es im strafrechtlichen Verfahren viel einfacher möglich sein, festzustellen, welche Buchungen bei der Firma C. vorgenommen worden seien. Im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen werde auch der Zugriff auf sämtliche relevante Urkunden und internen Datenabgleiche möglich sein. Im Strafverfahren würden die Ermittlungen von Dritter Seite durchgeführt. Für sie entfalle mithin der extrem belastende Konflikt, bei der Beklagten Beschäftigte in einem von ihr geführten Verfahren gegen die Beklagte als Zeugen benennen zu müssen.
Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich vorliegend um ein bereits seit langem gegen sie geplantes Vorgehen handele, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ihre Stelle, also die Stelle der Filialleiterin in B., in der Job-Börse der Arbeitsagentur ausgeschrieben worden sei, wobei Bewerbungen ab dem 02.02.2008 erfolgen sollten. Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass die Kündigung auf den Verdacht einer Straftat gestützt werde, treffe zwar zu, dass in einem Strafverfahren ein Freispruch schon dann in Betracht komme, wenn verbliebene Zweifel an ihrer Täterschaft nicht ausgeräumt werden könnten, jedoch schließe dies keineswegs aus, dass im Strafverfahren Umstände ermittelt werden, die ihre Unschuld erweisen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne es nicht maßgebend darauf a...