Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Darlegungs- und Beweislast bei arglistiger Täuschung. Anforderungen an die Berufungsbegründung. Vertragsanpassung bei Wegfall der Geschäftsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine arglistige Täuschung im Sinn von § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht.

2. Der Anfechtende trägt die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung. Das gilt auch hinsichtlich der Beweislast für das Vorliegen von Arglist. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen.

3. Die Berufungsbegründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll.

4. Ein Aufhebungsvertrag kann nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) anzupassen sein, wenn sich in der Zeit zwischen dem Abschluss des Aufhebungsvertrags und dem vereinbarten Vertragsende unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer ergibt.

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1, § 313; ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2; KSchG § 17 Abs. 2; BGB §§ 242, 315

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 25.08.2022; Aktenzeichen 6 Ca 54/21)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 25.08.2022, Az. 6 Ca 54/21, wird auf Kosten des Klägers mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 24.06.2021 beendet worden ist und die Klage hinsichtlich des Wiedereinstellungsanspruchs abgewiesen wird.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anfechtung eines Prozessvergleichs und einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers.

Der 1982 geborene, ledige und keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten, vormals T.GmbH & Co. KG, seit dem 22.10.2007 als Stahlbauschlosser zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von 4.407,53 € beschäftigt. Er war im Bereich W. 2 WS bei der Beklagten tätig und nach dem Vergütungssystem der Beklagten in die Entgeltgruppe EG 05 eingruppiert.

Geschäftsgegenstand der Beklagten ist die Herstellung sowie der Vertrieb und Service von Krananlagen und gewerblichen Fahrzeugen aller Art sowie von Einzelteilen und Aggregaten der genannten Produkte und der Handel mit solchen und ähnlichen Erzeugnissen. Im Betrieb der Beklagten waren in der Regel 1.536 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Beklagte stellte am 08.10.2020 beim Amtsgericht Z. - Insolvenzgericht - einen Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung gemäß § 270b InsO. Mit Beschluss vom 08.10.2020, Az. XY ordnete das Amtsgericht Z. die vorläufige Eigenverwaltung im Schutzschirmverfahren an und bestellte Herrn Wirtschaftsprüfer/Steuerberater A. G. zum vorläufigen Sachwalter. Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung wurde am 01.01.2021 durch Beschluss des Amtsgerichts Z. - Insolvenzgericht - Az. XY (Bl. 50 ff. d. A.) eröffnet.

Am 04.01.2021 wurden eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste im Sinn von § 125 InsO (Bl. 59 ff. d. A.) sowie ein Insolvenzsozialplan (Bl. 128 ff. d. A.) und eine Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer Transfergesellschaft ("Betriebsvereinbarung zur Schaffung von Auffangstrukturen", Bl. 137 ff. d. A.) abgeschlossen.

Ein dem Kläger unterbreitetes Angebot auf Eintritt in eine Transfergesellschaft lehnt dieser ab.

Mit dem Kläger am 26.01.2021 zugegangenem Schreiben vom 25.01.2021 (Bl. 13 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30.04.2021. Gegen diese Kündigung wandte sich der Kläger mit seiner am 02.02.2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 11.02.2021 zugestellten Kündigungsschutzklage mit dem Antrag,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 25.01.2021 zum 30.04.2021 beendet werden wird, sondern über den 30.04.2021 hinaus ungekündigt fortbesteht.

Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Zweibrücken - Insolvenzgericht - vom 31.03.2021 aufgehoben.

Im arbeitsgerichtlichen Kammertermin im Kündigungsschutzverfahren am 24.06.2021 stellte Herr S. für die Beklagte ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 264 d. A.) klar, "dass die Beklagte zur Zeit über Zeitarbeitsunternehmen keine Mitarbeiter suche, dass er selbst perplex darüber sei, dass momentan vermehrt Zeitarbeitsunternehmen, u. a. auch eines aus S., a...

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