Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber, der einen Arbeitsplatz nicht geschlechtsneutral ausschreibt, obwohl Männer als auch Frauen für die Besetzung in Betracht kommen, muss dennoch keine Entschädigung zahlen, wenn sich die getroffene Auswahl nicht als benachteiligende Maßnahme darstellt.
Der Arbeitgeber kann auch in dem Fall der einseitigen Arbeitsplatz-Ausschreibung die Entlastungsmöglichkeit des § 611 a Abs. 1 S. 2 BGB für sich in Anspruch nehmen.
Normenkette
BGB §§ 611a, 611b
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 22.01.1998; Aktenzeichen 7 Ca 1474/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuz nach – vom 22.01.1998 – 7 Ca 1474/97 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, welcher sich auf eine Anzeige, welche die Beklagte am 02.07.1996 in einer Zeitung veröffentlichte, in der sie eine Filialleiterin mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung suchte (vgl. die Kopie der Anzeige auf Bl. 40 d. A. wegen weiterer Einzelheiten), fordert mit seiner beim Arbeitsgericht am 28.11.1996 erhobenen Klage eine Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund seines Geschlechtes.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 22.01.1998 (Bl. 61 bis 64 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger einen Entschädigungsanspruch i. H. v. DM 3.000,00 zugesprochen und dies im wesentlichen damit begründet, dass der Kläger seine Klage innerhalb der zu beachtenen Ausschlussfrist, § 611 a Abs. 4 BGB, geltend gemacht habe und ihm ein Anspruch auf Entschädigung nach den §§ 611 a Abs. 1, Abs. 2, 611 b BGB deshalb zustehe, weil der Kläger im Einstellungsverfahren aufgrund seines Geschlechtes diskriminiert worden sei.
Die Beklagte habe die Stellenausschreibung nicht geschlechterneutral durchgeführt, obwohl hierfür keine sachlichen Gründe für die unterschiedliche Geschlechterbehandlung vorgelegen hätten, § 611 a Abs. 1 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 611 b BGB.
Eine Benachteiligung liege schon dann vor, wenn die Chancen durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden seien und der Beklagten nicht der Nachweis gelungen sei, dass die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit der Filialleitung seien.
Die Gründe, die die Beklagte zu ihrer Entlastung angeführt habe, dass nämlich die Einstellungsmerkmale, die in der Person der mit der Stelle betrauten Bewerberin gegeben seien, prozessual nur dann zu beachten seien, wenn besondere Umstände erkennen lassen würden, dass diese Gründe nicht lediglich vorgeschoben seien. Derartiges Nachschieben von Gründen könne man nur zulassen, wenn diese besonderen Anforderungen schon bei der Stellenausschreibung und im Auswahlverfahren formuliert gewesen seien, da ansonsten die Berechtigung des Nachschiebens von Gründen nicht überprüfbar seien.
Der Umstand, dass der Kläger eine Ausbildung als Gross- und Aussenhandelskaufmann habe, während die angestellte Bewerberin als Einzelhandelskauffrau ausgebildet sei, könne die Ungleichbehandlung deshalb nicht sachlich rechtfertigen, weil sich eine derartige Unterscheidung aus der Stellenausschreibung nicht ergebe, weil dort lediglich eine kaufmännische Ausbildung vorausgesetzt werde.
Auch der Umstand, dass die eingestellte Bewerberin langjährige Mitarbeiterin mit entsprechenden betriebsinternen Erfahrungen sei, kann die Vermutung einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung deshalb nicht widerlegen, da es eine außerbetrieblichen Ausschreibung nicht bedurft hätte, wenn es zu Beginn des Auswahlverfahrens auf diese Eigenschaft angekommen sei.
Es seien auch keine Indizien dafür erkennbar, dass das Bewerbungsverfahren des Klägers nicht von einem entsprechenden ernsthaften Willen getragen sei.
Vor Zustellung des. Urteils (Zugang 18.03.1998) hat die Beklagte am 27.02.1998 Berufung eingelegt, welche nach Verlängerung der Begründungsfrist zum 24.04.1998 am 23.04.1998 begründet worden ist.
Die Beklagte hat die Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung zu Lasten des Klägers bei der Besetzung der Stelle deshalb nicht gegeben sei, weil die Beklagte Filialleiterpositionen nicht grundsätzlich mit Frauen besetze, sondern auch Männer in dieser Funktion eingesetzt seien.
Die Bewerbung des Klägers sei neben den anderen ca. 50 Bewerbungen mit in die Sachentscheidung mit einbezogen worden und deshalb abschlägig beschieden worden, weil die Formulierung im Bewerbungsschreiben des Klägers vom 10.07.1996 keinen guten Eindruck auf die Geschäftsleitung der Beklagten gemacht hätten und man den Ton als vermessen und zu grossspurig angesehen habe.
Die mit der Stelle betraute Mitarbeiterin W., die zuvor 4–5 Jahre im Markt Speyer als Aushilfe tätig gewesen sei, die Unternehmens interne Strukturen und das Warensortiment der ...