Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellungsabrede. Rechtsgeschäft. dreiseitiges. Vertrag zu Gunsten Dritter. Vertragsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel hat nach §§ 133, 157 BGB zu erfolgen. Ohne konkrete Anhaltspunkte kann dabei nicht von einer „Gleichstellungsabrede” ausgegangen werden, die keine Wirkung mehr entfalten soll, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers entfällt.
2. Die vereinbarte Weitergeltung der Bezugnahmeklausel kann sich auch aus dem Verhalten des Arbeitgebers nach Ende der Tarifbindung ergeben.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 328
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen 6 Ca 1275/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des ArbG Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom14.10.2003 – 6 Ca 1275/03 – wird mit der Maßgabe auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die einschlägigen Bestimmungen der §§ 2 ff. des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 (vom 31.01.2003) zum BAT für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) Anwendung finden.
II. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 2.400,00 festgesetzt.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem 16.07.1990 in dem (damaligen) Kreiskrankenhaus A-Stadt beschäftigt gewesen. In dem Arbeitsvertrag der Klägerin mit dem Landkreis X. vom 10.08.1990 (Bl. 182 d.A.) heißt es u.a. in § 2:
„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.”
Nach näherer Maßgabe der notariellen Urkunde vom 31.07.1998 (Bl. 183 ff. d.A.) kaufte die Beklagte von dem Landkreis X. die Kreiskrankenhäuser X. und A-Stadt. Dem Kaufvertrag vorangegangen war das notarielle Verkaufsangebot vom 15.04.1997 nebst Anlage (Bl. 35, 35 R d.A.). In § 8 Ziffer 8.4 heißt es dort:
„Die Käuferin sichert zu, dass den Mitarbeitern hinsichtlich der Entgelttarife die Wahl gestellt wird, ob die bisherige Vergütungsstruktur (BAT-Kommunal, BMT-GII) beibehalten werden soll oder ob die W. Arbeits- und Sozialordnung oder ein Tarif gemäß dem Verband der Privaten Krankenanstalten eingeführt werden soll. Bei der Wahl der bisherigen Vergütungsstruktur BAT-Kommunal, BMT GII werden Vordienstzeiten angerechnet. Eine eventuelle Änderung der Tarifstrukturen wird nur gemeinsam und nach Zustimmung des dann amtierenden Betriebsrates durchgeführt.”
Zur Regelung des § 8 des (damals beabsichtigten) Kaufvertrages äußerten sich der Personalrat und der Marburger-Bund jeweils mit den Schreiben vom 08.07.1998 (Bl. 36 und 37 f. d.A.). Die Beklagte nahm daraufhin in dem – an den Landrat und an die jeweiligen Personalratsvorsitzenden gerichteten – Schreiben vom 27.07.1998 (Bl. 40, 40 R d.A.) eine „Klarstellung zu § 8 des Kaufvertrages” vor. In dem Schreiben vom 27.07.1998 heißt es u.a.:
„… des Weiteren möchte ich klarstellen, dass die Formulierung in § 8 Punkt 4 des Kaufvertrages „Entgelt-Tarife” in keiner Weise einschränkend gemeint war, dass beispielsweise ausschließlich die Entgelt-Tarife, aber die übrigen Bestimmungen des BAT nicht übernommen werden sollten. Im Gegenteil, es ist ausdrücklich vereinbart, dass aufgrund der Übernahme keinerlei Änderungen an den bestehenden (BAT-) Vereinbarungen eintreten werden.
Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich insoweit bei vorstehenden Erklärungen nicht um eine Änderung unserer bisherigen Position, sondern lediglich um eine Klarstellung handelt. Gleichzeitig hoffe ich, dass die (offensichtlich zu Unrecht) erhobenen Vorwürfe des Marburger Bundes in seiner Stellungnahme vom 08. Juli 1998 damit gegenstandslos sind und die zwischenzeitliche Aufregung nunmehr beigelegt sein dürfte…”.
In Ziffer 3. des § 4 der notariellen Urkunde vom 31.07.1998 – Vertragsänderungen/-Ergänzungen – heißt es:
„3. Ergänzend zu § 8 Ziffer 8.4 der Urkunde vom 15.04.1997 wird klargestellt, dass die für den Landkreis am Stichtag geltenden Tarifverträge (BAT-Kommunal, BMT-G II) sowie die diese ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge anzuwenden sind”.
Als Übergabestichtag wurde in der notariellen Urkunde vom 31.07.1998 der 01.08.1998 vereinbart.
Die Klägerin, deren Vergütungsgruppe in der Verdienstabrechnung für August 2000 mit „Kr. Va” „Tarifart: BAT”) angegeben wird, wurde von der Beklagten über den 31.07./01.08.1998 hinaus als Krankenschwester weiterbeschäftigt. In der Zeit nach dem 01.08.1998 haben die Tarifvertragsparteien für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) folgende Vergütungstarifverträge zum BAT geschlossen:
- Nr. 33 vom 05.03.1999,
- Nr. 34 vom 30.06.2000 und
- Nr. 35 vom 31.01.2003.
Den Vergütungstarifvertrag Nr. 33 hat die Beklagte vorbehalt...