Entscheidungsstichwort (Thema)
entschädigungsloses globales Wettbewerbsverbot auf unbestimmte Zeit. Unterlassung
Leitsatz (amtlich)
1. Selbst wenn in Einzelfällen die Voraussetzungen des Geheimnisverrats nach § 16 UWG und ein in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sittenwidriges Verhalten des (ehemaligen) Arbeitnehmers vorliegt, ist es nicht gerechtfertigt, dem Arbeitgeber einen globalen und zeitlich unbefristeten Anspruch auf Unterlassung jedweden Wettbewerbs zuzuerkennen. Eine entschädigungslose umfassende Verpflichtung zur Unterlassung jeder Form des Wettbewerbs auf unbestimmte Zeit würde im Ergebnis auf ein absolutes Berufsverbot hinauslaufen.
2. Wenn ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot für eine beschränkte Zeit angebracht erscheint, dann darf die Unterlassungspflicht jedenfalls nur auf eine Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begrenzt werden. Im Hinblick auf die Tragweite und Bedeutung des Grundrechts auf freie Wahl des Arbeitsplatzes kann bei Unterlassungsgeboten für eine bestimmte Zeit, nur ein Anknüpfungspunkt gewählt werden, der von vornherein und objektiv feststeht und nicht in einer Ungewissen Zukunft liegt (entgegen BGH Urteil vom 03.12.1969 – I ZR 151/67 – NJW 1970, 471, der es für zulässig hält, an die Rechtskraft des Unterlassungsurteils anzuknüpfen.
Normenkette
HGB § 74 ff.; BGB §§ 826, 823; UWG §§ 1, 17
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Teilurteil vom 30.09.1997; Aktenzeichen 5 Ca 1232/96 L) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen dasTeilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 30. September 1997 – Az.: 5 Ca 1232/96 L – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Unterlassung von Wettbewerb.
Die Klägerin stellt Wasseraufbereitungsanlagen her, welche in Kläranlagen oder Wassergewinnungsanlagen verwendet werden. Sie wartet diese Anlagen und beliefert die Kunden mit Ersatzteilen.
Der Beklagte (geboren am 3.8.1957) war im Betrieb der Klägerin seit ca. 25 Jahren, zuletzt (seit März 1988) als Sachbearbeiter für den technischen Einkauf, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs in einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe zum 31.03.1996 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 110.000,– DM, nachdem die Klägerin das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt hatte. Diese Abfindung verlangt die Klägerin in dem Rechtsstreit (9 Ca 21/96) vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe zurück.
Die Parteien haben kein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Im schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 8/9 d.A.) ist jedoch – soweit vorliegend von Interesse – folgendes niedergelegt:
„7. Schweigepflicht
Der Angestellte verpflichtet sich, gegenüber Unbefugten über alle ihm während seiner Tätigkeit bekannt werdenden betrieblichen Vorgänge innerhalb und außerhalb des Betriebes – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Stillschweigen zu wahren.”
Nach seiner Entlassung arbeitete der Beklagte zunächst in der Zeit vom 01.04.1996 bis zum 30.09.1996 als Außendienstmitarbeiter bei der Firma D., die zu der Klägerin in Wettbewerb trat. Gegen diese Gesellschaft und ihren Geschäftsführer persönlich führt die Klägerin einen Rechtsstreit wegen Wettbewerbsverletzungen, der zweitinstanzlich vor dem OLG Zweibrücken anhängig ist (erstinstanzlich: Landgericht Landau in der Pfalz, HK O 119/96).
Am 01.10.1996 machte sich der Beklagte selbständig und eröffnete ein Konkurrenzunternehmen der Kühlwasser- und Klärtechnik. Vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe führt die Klägerin zwei Schadensersatzprozesse (4 Ca 401/97 und 4 Ca 191/97) wegen einzelner Aufträge, die der Beklagte unter Verletzung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots bzw. der Verschwiegenheitspflicht rechtswidrig erlangt haben soll.
Die Klägerin hat außerdem Strafanzeige gegen den Beklagten erstattet. Die Ermittlungsverfahren (StA Landau 7011 Js 11273/96, StA Kaiserslautern 6059 Js 13092/96 [Wi]) sind noch nicht abgeschlossen.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin – soweit zweitinstanzlich von Bedeutung – eine Verurteilung des Beklagten, es (insgesamt) zu unterlassen, sich in den Geschäftsbereichen Kühlwassertechnik und Klärtechnik zu betätigen. Während sie erstinstanzlich ein zeitlich unbegrenztes Unterlassungsgebot begehrte, macht sich zweitinstanzlich hilfsweise ein Unterlassungsgebot für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Rechtskraft geltend.
Das Arbeitsgericht hat über den Unterlassungsantrag durch Teilurteil entschieden, weil die Klägerin im Kammertermin einen zuvor schriftsätzlich zurückgenommenen Antrag erneut gestellt hatte.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte müsse mit einem zeitlich unbefristeten und umfassenden Wettbewerbsverbot belegt werden, weil er noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses seine spätere wettbewerbswidrige Tätigkeit systematisch vorbereitet und durch die Entwendung zahlreicher Unterlage...