Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheit. Tatsachenvergleich. Urlaubsabgeltung. Urlaubsabgeltung nach Krankheit und Tatsachenvergleich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist zwar regelmäßig ausgeschlossen, dass ein Arbeitnehmer auf gesetzliche Urlaubs- wie auch Urlaubsabgeltungsansprüche rechtswirksam verzichtet, da von den gesetzlichen Urlaubsbestimmungen gem. § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG grundsätzlich nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Jedoch ist es rechtlich zulässig, im Rahmen eines Tatsachenvergleichs, die Menge der einem Arbeitnehmer noch zustehenden Urlaubstage bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche zu vereinbaren. Ein Tatsachenvergleich setzt nach § 779 BGB voraus, dass zwischen den Parteien eine Ungewissheit besteht, die im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt werden soll.

2. Ein Tatsachenvergleich über die Inanspruchnahme von Urlaub kann auch außerhalb eines gerichtlichen Vergleichs in einem neben dem gerichtichen Vergleich geschlossenen außergerichtlichen Vergleich liegen.

 

Normenkette

BGB § 779; BUrlG §§ 7, 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 11.02.2010; Aktenzeichen 3 Ca 1517/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.02.2010, Az.: 3 Ca 1517/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Leistung von Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war bei der Beklagten, die unter anderem Haupt- und Abgasuntersuchungen an Kraftfahrzeugen durchführt, seit dem 01.04.1978 als Prüfingenieur beschäftigt.

Am 05.02.1997 schloss die Beklagte mit den örtlichen Betriebsräten ihres Unternehmens, die durch den Gesamtbetriebsrat vertreten wurden, eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Jahresurlaub/Zusatzurlaub (vgl. Bl. 67 ff. d. A.). Ab dem 10.10.2005 arbeitete der Kläger nicht mehr und bezog vom 01.05.2006 bis 31.12.2008 eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente wegen voller Erwerbsminderung.

Die Techniker-Krankenkasse bestätigte dem Kläger mit Schreiben vom 27.11.2006 (vgl. Bl. 99 d. A.), dass er vom 10.10.2005 bis 02.10.2006 arbeitsunfähig gewesen und dass aufgrund der Rentenbewilligung die Krankengeldzahlung zum 02.10.2006 eingestellt worden sei.

Im Laufe des Kalenderjahres 2007 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Mainz eine Klage auf Leistung von Schmerzensgeld wegen Mobbings eingereicht, die durch Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.01.2008 (Az.: 9 Ca 1285/07) abgewiesen worden ist. Nachdem der Kläger hiergegen Berufung eingelegt hatte, haben die Parteien während der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Az.: 7 Sa 274/08) folgenden Vergleich (vgl. Bl. 5 ff. d. A.) geschlossen:

  1. „Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2008 beendet wird. Wobei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der lang andauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers und einer fehlenden positiven Gesundheitsprognose beiden Seiten geboten erscheint.
  2. Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 25.000,00 EUR brutto. Die Beklagte rechnet die Abfindung anlässlich der Gehaltsabrechnung für den Monat Februar 2009 ab und zahl den sich ergebenden Betrag aus.
  3. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.01.2008. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
  4. Beiden Parteien wird das Recht zum Widerruf dieses Vergleichs bis spätestens 11.02.2009 eingeräumt. Der Widerruf muss innerhalb der genannten Frist schriftsätzlich beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangen sei.”

Während des Laufes der vereinbarten Widerrufsfrist hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers unter anderem Folgendes schriftlich mitgeteilt (Bl. 64 ff. d. A.):

„Die C GmbH ist bereit, den Vergleich zu akzeptieren, wenn noch zwei Klarstellungen erfolgen.

Denn aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist die übliche Passage „damit ist der Rechtsstreit erledigt” nicht aufgenommen worden.

Zur Klarstellung, dass weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft Ansprüche wegen (angeblichen) Mobbings bestehen, ist daher eine Bestätigung von ihrer Seite erforderlich.

Es würde ausreichen, wenn Sie namens und in Vollmacht Ihres Mandanten erklären, dass insoweit keine Ansprüche bei Rechtskraft des Vergleichs mehr geltend gemacht werden.

Klargestellt werden muss in diesem Zusammenhang auch, dass keine Resturlaubs-/Freizeitguthaben mehr bestehen.

Eine Bestätigung per Fax würde genügen.

Sollte diese nicht bis zum 10.02.2009 vorliegen, müsste die Firma den Vergleich widerrufen.

….”

Hierauf antwortete der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit folgendem Schreiben vom 09.02.2009 (vgl. Bl. 9 d.A.):

„Natürlich beinhaltet der vereinbarte Vergleich, dass von Herrn A. weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft Ansprüche wegen Mobbing ge...

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