Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung. Sanierungstarifvertrag. Auskunftsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber aufgrund seines Arbeitsvertrags keinen allgemeinen Auskunftsanspruch zu den Details der Arbeitsleistung in der Vergangenheit. Als vertragliche Nebenpflicht besteht lediglich dann eine Pflicht zur Auskunftserteilung, wenn der aus dem Vertrag Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts keine Gewissheit hat und deshalb auf die Auskunft des anderen Teils angewiesen ist, soweit dieser sie unschwer geben kann.

 

Normenkette

BGB §§ 157, 133

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 4 Ca 2711/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 31.05.2007, AZ: 4 Ca 2711/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt nur noch über einen Anspruch der Klägerin auf Auskunftserteilung wegen geleisteter Mehrarbeit sowie über die Abrechnung und Bezahlung dieser Mehrarbeit.

Die Klägerin, 36 Jahre alt, verheiratet und 2 Kindern (13 und 15 Jahre alt) gegenüber zum Unterhalt verpflichtet, war seit 27.10.1997 im Unternehmen der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Vorarbeiterin in Vollzeit zu einer durchschnittlichen Vergütung i. H. v. 2.850,– EUR brutto.

Die Beklagte fertigt hauptsächlich Schraubverschlüsse für die Getränkeindustrie und hatte etwa 180 Mitarbeiter beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund der betriebsbedingten Kündigung vom 20.12.2006 mit Ablauf des 31.03.2007. Über die Wirksamkeit dieser Kündigung haben sich die Parteien im Rahmen des erstinstanzlichen Kündigungsschutzbegehrens mit Teil-Vergleich vom 31.05.2007 geeinigt (vgl. Bl. 109 d. A.).

Auf das ehemalige Arbeitsverhältnis der Parteien fand kraft Arbeitsvertrag der zwischen der Beklagten und IG-Metall abgeschlossene Zukunfts-, Beschäftigungssicherungs- und Standortsicherungstarifvertrag vom 11.04.2005 (ZBSTV) Anwendung, der am 01.01.2005 in Kraft getreten ist. Auf diesen Tarifvertrag wird verwiesen (vgl. Bl. 12 d. A.). Weiter trat am 01.01.2005 die Betriebsvereinbarung 08/2004 über die neue Arbeitszeitregelung für die Alu-Produktion und Druckerei in Kraft; auch auf diese Betriebsvereinbarung wird verwiesen (vgl. Bl. 105 bis 108 d. A.).

Am 30.11.2006 unterzeichnete die Beklagte dann zusammen mit der IG-Metall einen weiteren Sanierungstarifvertrag. Mit diesem wurde in § 10 Abs. 1 die Beendigung des Tarifvertrages vom 11.04.2005 mit Wirkung zum 28.11.2006 vereinbart. Weiter wurde in § 10 Abs. 2 dieses Tarifvertrages vereinbart, dass erst wieder ab dem 01.01.2007 eine Beschäftigungssicherung in Kraft treten sollte. Auch auf diesen Tarifvertrag wird im Weiteren verwiesen (vgl. Bl. 23 bis 26 d. A.).

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Klagebegehrens vorgetragen:

Sie sei aufgrund des Beschäftigungssicherungstarifvertrages zur Erbringung unbezahlter Mehrarbeit verpflichtet gewesen.

Wie sich aus den §§ 5 und 6 des Beschäftigungssicherungstarifvertrages ergebe, sei ihre Vergütung in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2006 auf der Basis einer festen Stundenzahl erfolgt. Die geleistete Mehrarbeit sei seitens der Beklagten statistisch erfasst worden, ohne dass sie einen Anspruch auf Ausgleich gehabt habe. Hierauf basierend habe sie in den Jahren 2005 und 2006 deutlich mehr als 200 Stunden Mehrarbeit geleistet, ohne hierfür einen Ausgleich, insbesondere eine Vergütung, erhalten zu haben.

Wenn die Beklagte argumentiere, der Sanierungstarifvertrag vom 30.11.2006 sei möglich geworden und wirksam, weil sich die wirtschaftlichen Voraussetzungen erheblich geändert hätten und damit die Geschäftsgrundlage für den Beschäftigungssicherungstarifvertrag vom 11.04.2005 weggefallen sei, gelte dies naturgemäß auch in umgekehrter Richtung.

In diesem Falle bestehe naturgemäß für sie – die Klägerin – keinerlei Veranlassung (mehr) auf die Vergütung der von ihr geleisteten Arbeit zu verzichten, weil die „Gegenleistung” für diesen Verzicht, nämlich der Erhalt ihres Arbeitsplatzes bis mindestens 31.12.2007 ebenfalls entfallen sei. Da sie sich auf die Wirksamkeit und den Bestand des Beschäftigungssicherungstarifvertrages vom 11.04.2005 verlassen gehabt habe, verfüge sie nicht über eigene Aufzeichnungen der von ihr geleisteten Mehrarbeit. Ausweislich § 6 des Beschäftigungssicherungstarifvertrages habe sich die Beklagte jedoch verpflichtet, die insoweit geleistete Mehrarbeit statistisch zu erfassen, so dass es der Beklagten anhand ihrer Zeiterfassung unschwer möglich sei, die von der Klägerin geleistete und bislang nicht vergütete Mehrarbeit bekannt zu geben und hierüber Abrechnung zu erteilen.

Im Ergebnis könne es nicht sein, dass sich die Beklagte aus der vorliegenden tarifvertraglichen Situation die „Rosinen” herauspicke, d. h. auf der Basis des ursprünglichen Beschäftigungssicherungstarifvertrages von der Klägerin für die Dauer von 2 J...

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