Entscheidungsstichwort (Thema)
Provisionsansprüche. Sachverständigengutachten. Ausforschungsbeweis
Leitsatz (amtlich)
1. Wann zielt ein Beweisantrag auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis ab?
2. Beweiswürdigung eines (Schrift-)Sachverständigengutachtens.
Normenkette
ZPO §§ 286, 292, 440 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 05.12.2001; Aktenzeichen 10 Ca 1694/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des ArbG Koblenz vom 05.12.2001 – 10 Ca 1694/00 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 188.818,05 (= EUR 96.541,14) brutto nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.07.2000 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger zu 1/10 und der Beklagten zu 9/10 auferlegt.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf DM 209.627,97 (= EUR 107.181,08) festgesetzt.
V. Soweit die Beklagte verurteilt wurde, den im Schreiben vom 07.12.1999 genannten Betrag von DM 40.000,00 (nebst Zinsen) an den Kläger zu zahlen, wird die Revision für die Beklagte zugelassen; im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien vereinbarten in der – auf den 24.11.1998 datierten – „Anlage zum Arbeitsvertrag” sinngemäß die Weitergeltung des bisherigen Arbeitsvertrages „in seinen Rahmenbedingungen”. Außerdem heißt es dort u.a.:
„… Die Tantieme-VZ beträgt DM 11.000,00 und gilt ab dem 01.12.1998. Das Grundgehalt (monatl.) DM 5.000,00 …” (s. Hülle Bl. 172 d.A.).
Die Beklagte zahlte dem Kläger
- in der Zeit vom 01.12.1998 bis zum 31.12.1999 monatlich DM 16.000,00 (= DM 5.000,00 zuzüglich DM 11.000,00) brutto,
- in den Monaten Januar, Februar und März 2000 monatlich jeweils DM 21.000,00 und
- in den Monaten April bis Juni 2000 monatlich jeweils DM 5.000,00 brutto.
Außerdem zahlte die Beklagte dem Kläger nach dem 15.02.2000 im Zeitraum Februar/April 2000 DM 50.000,00.
Ab dem 14.04.2000 hatte der Kläger – im Anschluss an seine Kündigung vom 31.03.2000 – Urlaub. Zuvor – am 07.12.1999 – führten der Kläger und der Vorstandsvorsitzende Dr. S. ein Gespräch im Betrieb der Beklagten in Geilenkirchen. Bei dieser Gelegenheit legte der Kläger dem Vorstandsvorsitzenden u.a. eine – den Kläger betreffende – Aufstellung „Provision” vor, die sich auf die Jahre 1995 bis 1998 bezog. Der Kläger und der Vorstandsvorsitzende unterzeichneten diese Aufstellung. Der Vorstandsvorsitzende notierte bzw. vermerkte dort – oberhalb seiner Unterschrift – handschriftlich:
„Erledigt mit Schreiben vom 07.12.1999”.
Dieser Vermerk befindet sich neben den beiden Schlusszeilen der Aufstellung, die – s. Bl. 161 d.A. – wie folgt lauten:
„geleistete Prov. |
DM 175.000,00 |
Rest |
DM 193.413,55”. |
Weiter unterzeichnete der Vorstandsvorsitzende damals ein – auf den 07.12.1999 datiertes – Schreiben mit folgendem Inhalt:
„Die Prüfung der beigefügten Aufstellungen fand am 07.12.1999 statt. Die aufgeführten Beträge sind in Form einer Einmalzahlung von DM 40.000,00 sowie monatlich erhöhten Abschlagszahlungen von einer Höhe von DM 5.000,00 zu leisten. Im Gegenzug verzichtet Herr B. auf alle Leasingprovisionen, welche er Zeitraum seiner gesamten Firmenzugehörigkeit erwirtschaftet hat” (– s. Bl. 162 d.A.).
Streitig ist u.a., ob der Vorstandsvorsitzende folgende Aufstellungen unterzeichnet hat:
- „Umsatz” (– für die Jahre 1995 bis 1998, Bl. 160 d.A. = X 1),
- „Umsatz” (– für die Jahre 1995 bis 1999, Bl. 163 d.A. = X 2) und
- „Provision” (– für die Jahre 1995 bis 1999, Bl. 164 d.A. = X 3).
Gezahlt hat die Beklagte, – die insoweit eine Abtretung des Klägers an den Zeugen H. behauptet –, dem Kläger den Betrag von DM 40.000,00, der im Schreiben vom 07.12.1999 erwähnt wird, nicht.
Am 15.02.2000 fand – wiederum in Geilenkirchen – ein weiteres Gespräch zwischen dem Kläger und dem Vorstandsvorsitzenden statt. Bei dieser Gelegenheit wurden von den beiden unstreitig jeweils folgende auf den 31.12.2000 vordatierte Urkunden unterzeichnet:
- Arbeitsvertrag (Hülle, Bl. 208 d.A.),
- Anlage zum Arbeitsvertrag (Hülle, Bl. 211 d.A.),
- Protokoll der Besprechung (vom 15.02.2000; Hülle Bl. 209 d.A.) und
- die „Vereinbarung” (über Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld; Hülle, Bl. 210 d.A.).
Streitig ist, ob der Vorstandsvorsitzende damals auch die auf den 15.02.2000 datierte „Anlage zum Arbeitsvertrag” (Bl. 170 d.A. = X 5) unterzeichnet hat. In dieser „Anlage” heißt es u.a.:
„…
2. Der bisher erworbene Urlaubsanspruch in Höhe von 114 Tagen bleibt uneingeschränkt erhalten und verfällt nicht. Auf Wunsch des Arbeitnehmers wird der Urlaubsanspruch ausgezahlt oder darf in der gesamten Anzahl in Anspruch genommen werden
5. Es besteht weiterhin ein uneingeschränkter Anspruch auf die vom Vorstand Dr. Sz. am 07.12.1999 geprüften und genehmigten Provisionen der Jahre 1994 bis 1999, welche in der Aufstellung nach Prüfung von ihm abgezeichnet sind. Nachträgliche Änderungen werden ausdrücklich ausgeschlossen …
…”
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