Entscheidungsstichwort (Thema)

Funktionszulage. Mitbestimmungsrecht. Schreibzulage für Beschäftigte im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlt der Arbeitgeber eine nach Tarifvertrag weggefallene Funktionszulage zunächst als außertarifliche Leistung verbunden mit der Ankündigung künftiger voller Anrechnung von Tariferhöhungen weiter, besteht kein Anspruch auf ungekürzte Weiterzahlung, wenn der Arbeitgeber mehr als zwei Jahre später die Anrechnung nicht vollständig, sondern nur in Drittelschritten vornimmt. Dies gilt auch, wenn bei dieser begünstigenden Anrechnungsentscheidung ein etwa bestehendes Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nicht beachtet wurde. Durch mitbestimmungswidriges Vorgehen werden dem Beschäftigten nicht zustehende Ansprüche nicht begründet.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 22.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 191/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.12.2010 – 4 Ca 191/10 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Abschmelzung einer Funktionszulage für Schreibkräfte durch Tariflohnerhöhungen im öffentlichen Dienst.

Seit Ende 1978 ist die Klägerin im Amt für G. der Bundeswehr beschäftigt. Die Mitgliedschaft in einer der tarifschließenden Gewerkschaften hat sie nicht behauptet. Gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrages, hinsichtlich dessen Inhalt im Übrigen auf Blatt 7 ff. d. A. verwiesen wird, bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden und/oder ändernden Tarifverträgen.

Aufgrund einer Nebenabrede vom 12. November 1992 erhielt die Klägerin die Funktionszulage für Schreibkräfte. Die Nebenabrede zum Arbeitsvertrag lautet wörtlich:

„Da Sie an einem mit textverarbeitendem System ausgestatteten Arbeitsplatz eingesetzt werden, finden für Sie ab 01.06.1992 die Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II, Abschn. N, Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT nach Maßgabe des Rundschreibens des Bundesministers des Innern vom 02.09.1986 – D III 1 – 220 249/9 (in seiner jeweils gültigen Fassung) Anwendung.”

Nach der bezeichneten Protokollnotiz Nr. 3 erhielten vollbeschäftigte Angestellte, die mit mindestens einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 BAT Magnetschreibmaschinen oder andere Textverarbeitungsautomaten bedienen und hierbei vollwertige Leistungen erbringen, für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Funktionszulage in Höhe von acht v. H. der Anfangsgrundvergütung der Vergütungsgruppe VII.

Die Anlage 1a zum BAT wurde zum 31. Dezember 1983 gekündigt und zum 1. Januar 1991 ohne den Teil II Abschn. N wieder in Kraft gesetzt.

In Folge Umstrukturierung bei der Bundeswehr wurde die Klägerin auf den Dienstposten „Lagerverwalter C” umgesetzt. Hierüber verhält sich das Schreiben der Standortverwaltung G. vom 10.11.2005. In diesem Schreiben wurde die Umsetzung mit Wirkung vom 01.10.2005 verfügt, im Schreiben heißt es weiter: „die Übertragung der von Ihnen wahrzunehmenden Tätigkeiten erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt” und „die bisherige Vergütung bleibt unverändert.”

Am 01. Oktober 2005 trat der TVöD in Kraft. Mit Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. Oktober 2005 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr die Funktionszulage als Beschäftigte im Schreibdienst seit dem Inkrafttreten des TVöD mit Wirkung vom 01. Oktober 2005 außertariflich als Besitzstandszulage, befristet bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung, gewährt werde, diese kein Bestandteil der Grundvergütung sei und daher bei der Ermittlung des Vergleichsentgeltes unberücksichtigt bleibe. Weiter ist dort ausgeführt:

„Beschäftigte, die diese Funktionszulage bei Überleitung in den TVöD erhalten, wird sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen außertariflich als persönliche Zulagen neben dem Vergleichsentgelt weitergezahlt, so weit die bisherigen Voraussetzungen für die Gewährung bestehen. Bei allgemeinen Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen (Stufenaufstieg usw.) wird der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf diese Besitzstandszulage angerechnet …”

Nach Maßgabe eines Rundschreibens des Bundesministeriums des Innern vom 30. April 2008, D II 2 – 220 233 – 51/6, rechnete die Beklagte zunächst sämtliche Entgelterhöhungen, d. h. auch die Tariferhöhungen 2008, auf die Funktionszulage vollständig an.

Aufgrund mehrerer gegen diese Anrechnung gerichteten Eingaben entschied sich die Beklagte nach Maßgabe eines Schreibens des Bundesministeriums des Innern vom 01. August 2008, die im Jahr 2008 eingetretenen Tariferhöhungen rückwirkend zum 01. Januar 2008 nur zu einem Drittel auf die betreffende Zulage anzurechnen. In diesem Schreiben heißt es wörtlich:

„… für Beschäftigte im Schreib- und Vorzimmerdienst bin ich im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen damit einverstanden, wenn abweichend von der in meinem o. g. Run...

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