Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, außerordentliche. Außerordentliche Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Auch außerdienstliches Verhalten kann eine außerordentliche Kündigung eines tariflich ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmers rechtfertigen, wenn dadurch das Anshen eines öffentlichen Arbeitgebers nachhaltig geschädigt wird und das Vertrauen in die Person des Arbeitnehmers zerstört ist (hier Skiurlaub eines an Meningoenzephalitis erkrankten Gutachterarztes des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen mit schweren Verletzungen durch Sturz beim Skifahren).
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen 3 Ca 186/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 27.04.2004 – 3 Ca 186/04 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung. Der Kläger ist seit 01.07.1992 bei der Beklagten als beratender Arzt für Krankenkassen und ärztlicher Gutachter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein letztes Monatsgehalt betrug ca. 6.600 EUR brutto.
Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad von 100. Grund der Schwerbehinderung ist eine Erkrankung an Diabetes mit Folgeerscheinungen. Sein Schwerbehindertenausweis trägt das Merkmal G (gehbehindert).
Der Kläger war in der Zeit vom 08.09.2003 bis 16.01.2004 wegen einer Meningoenzephalitis (Hirnhautentzündung mit Auswirkungen auf die Gehirnsubstanz) arbeitsunfähig krank geschrieben. Bereits früher musste sich der Kläger einer Transplantation einer Niere und der Bauchspeicheldrüse unterziehen. Die Transplantation der Bauchspeicheldrüse fand im August 2002 statt.
Der Kläger fuhr in der Zeit ab 27.12.2003, d. h. während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit in die Schweiz und lief dort Ski. Der Aufenthalt sollte bis zum 03.01.2004 dauern. Nach seinen Angaben am 1. Tag bei einem von ihm besuchten Ski-Kurs stürzte er am 29.12.2003 beim Skilaufen und brauch sich Schien- und Wadenbein. Dadurch verlängerte sich die Zeit der Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger hat angegeben, etwa seit 15 Jahren regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr Ski zu fahren, auch nach seiner Nierentransplantation sei er nach Ablauf einer Karenzzeit von etwa einem ½ Jahr wieder Ski gefahren.
Der Beklagte hörte mit Schreiben vom 13.01.2004 den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung zur außerordentlichen Kündigung, vorsorglich zur Zustimmung zur mitbestimmungspflichtigen ordentlichen Kündigung an. Auf das Anhörungsschreiben vom 13.01.2004 (Bl. 26 d. A.) wird verwiesen. Die Gleichstellungsbeauftragte stimmte am 13.01.2004 der ordentlichen Kündigung zu. Der Schwerbehindertenvertreter stimmte der ordentlichen Kündigung zu, hierüber verhält sich die Zustimmungserklärung der Vorsitzenden vom 15.01.2004.
Auf Antrag des Beklagten stimmte das Integrationsamt mit Bescheid vom 22.01.2004 der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zu. Der Beklagte kündigte mit Schreiben vom 23.01.2004, dem Kläger am gleichen Tage zugestellt, außerordentlich aus wichtigem Grund. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 6, 7 d. A. verwiesen. Zur Begründung gab der Beklagte an, der Kläger habe sich während der Arbeitsunfähigkeit selbst beurlaubt, ohne davon den Arbeitgeber zu benachrichtigen, sei innerhalb der Selbstbeurlaubung in der Zeit von Weihnachten 2003 bis zur ersten Kalenderwoche 2004 zum Skilaufen nach Z gefahren und habe sich dabei ein Bein gebrochen. Mit diesem Verhalten habe der Kläger gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten in einem Ausmaß verstoßen, das einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses unmöglich mache. Als nervenfachärztlicher Gutachter für den MDK sei der Kläger mit den Gepflogenheiten im Rahmen der Arbeitsunfähigkeit bestens vertraut.
Gegen die Kündigung hat der Kläger mit Schriftsatz, eingegangen beim Arbeitsgericht Trier am 30.01.2004 Kündigungsschutzklage und Weiterbeschäftigung verlangt.
Er hat vorgetragen, aufgrund seiner Meningoenzephalitis sei er nicht in der Lage gewesen, seine arbeitsvertragliche Tätigkeit als Neurologe im medizinischen Dienst im Betriebszentrum T auszuüben. Das gleiche gelte für das Fachgebiet Psychiatrie. Die gesundheitlichen Einschränkungen seien neuropsychologischer Art gewesen. Er sei nicht in der Lage gewesen, seine berufliche Tätigkeit auszuüben, weil diese eine hohe Konzentration, ein sicheres Entscheidungsvermögen und eine schnelle und hohe Auffassungsgabe verlange. Dagegen habe er weniger ein körperliches Problem gehabt, weil er sich normal habe bewegen können. Sport sei sogar wünschenswert gewesen. Das Krankheitsbild habe es nicht verboten, Skisport auszuüben. Auch nach den Transplantationen hätten keine Bedenken dagegen bestanden, Sport zu treiben, insbesondere Ski zu fahren. Der Sturz vom...