Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsverzug. Zurückbehaltungsrecht. Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Ein noch streitbefangener Lohnanspruch begründet für den Arbeitnehmer noch kein Zurückbehaltungsrecht an der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Hält der Arbeitnehmer dennoch mit der Arbeitsleistung zurück, so rechtfertigt das eine fristlose Kündigung aus dem Gesichtspunkt der beharrlichen Arbeitsverweigerung.
Normenkette
BGB §§ 615, 273
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 02.02.1994; Aktenzeichen 4 Ca 2420/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.02.1994 – 4 Ca 2420/93– wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der mit Schreiben der Beklagten vom 20./21.09.93 ausgesprochenen außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung beendet worden ist.
Der Kündigung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrages vom 24.05.89 und Ergänzungsvertrag vom 19.04.90 als Leiter der Betriebsstätte R. in P. (Portugal) gegen ein monatliches Gehalt von 3.350,– DM beschäftigt.
Ebenfalls am 19.04.90 wurde mit dem Kläger ein Vertrag als Geschäftsführer der Tochterfirma der Beklagten in Portugal, der Fa. B. bestellt. Dieser Geschäftsführer-Vertrag war befristet bis 30.04.93. Über die Wirksamkeit der Befristung sind sich die Parteien uneins.
Den Anstellungsvertrag mit der Beklagten vom 19.04.90 hat diese mit Schreiben vom 01.04.93 gekündigt. Diese Kündigung war Gegenstand des Rechtsstreites vor dem Arbeitsgericht Mainz unter dem Aktenzeichen 4 Ca 979/93. Mit Urteil vom 28.07.93 hat das Arbeitsgericht festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 01.04.93 rechtsunwirksam war. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
Nach Zustellung des Urteils forderte die Beklagte mit Schreiben vom 05.08.93 den Kläger auf, die Arbeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung hier im Kündigungsschutzverfahren zum Gehalt von 3.350,– DM in Portugal wieder aufzunehmen. Auf das Schreiben vom 05.08.93 (Bl. 17 d. A.) wird zur weiteren Darstellung Bezug genommen.
Hierauf antwortete der Kläger mit Schreiben vom 09.08.93 (Bl. 15 u. 16 d. A.), indem er die Wiederaufnahme der Arbeit in Portugal von der Erfüllung einer Reihe von Bedingungen abhängig macht, wobei das Vertragsverhältnis zur Beklagten mit dem zur Fa. B. teilweise verknüpft wird. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 09.08.93 wird auf Bl. 15 u. 16 d. A. Bezug genommen.
Auf das Schreiben vom 09.08.93 antwortete die Beklagte dem Kläger wie folgt:
Ihr Schreiben vom 09.08.93 zeichnet sich durch eine Reihe von irrtümlichen Annahmen Ihrerseits aus:
- Mein Schreiben vom 05.08.93 auf H.-Briefbogen betrifft lediglich den Arbeitsvertrag der Fa. H., nicht den Geschäftsführer-Vertrag mit der Fa. B.. Ihre Hinweise auf Ihr „Gesamtgehalt” sind daher nicht relevant, die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses geschieht zu dem in meinem Schreiben vom 05.08.93 festgelegten Gehalt.
- Nach dem Arbeitsvertrag mit der Fa. H. ist Ihr Arbeitsplatz in Portugal. Deshalb entfallen die von Ihnen angesprochenen Kosten für Dienstreisen und Reisekostenrichtlinien.
- Die von Ihnen noch angesprochenen offenstehenden Posten werden nach Abzug unserer Gegenforderungen und Schadensersatzansprüchen Ihnen zu dem dann gegebenen Zeitpunkt verrechnet. Ein Teil dieser Kosten sind Gegenstand Ihrer Arbeitsgerichtklage und Ihre Abrechnung muß insoweit dann zurückgestellt werden.
Die rechts irrtümlichen Bedingungen, an die Sie die Arbeitsaufnahme binden, hat zur Folge, daß der Inhalt Ihres Schreibens vom 09.08.93 eine Ablehnung der Arbeitsaufnahme darstellt, die wir zur Kenntnis genommen haben.
Ihr Antrag vom 15.07.93 auf Erstattung der Umzugskosten konnte wegen Betriebsferien bisher nicht bearbeitet werden und es besteht heute, nachdem Sie auf Weiterbeschäftigung klagen, auch kein Handlungsbedarf.
Der Kläger nahm weder die Arbeit in Portugal auf, noch antwortete er auf das Schreiben der Beklagten vom 11.08.93.
Die Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 20.09.93 fristlos und vorsorglich ordentlich zum 31.12.93.
Gegen die Kündigung hat der Kläger am 24.09.93 Kündigungsschutzklage bei dem Arbeitsgericht Mainz erhoben.
Zur Begründung hat der Kläger im wesentlichen seine im Schreiben vom 09.08.93 wiedergegebene Rechtsauffassung wiederholt und die Meinung vertreten, ihm stehe solange ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung zu, bis daß die Beklagte die im vorgenannten Schreiben aufgestellten Bedingungen erfüllt habe.
Darüber hinaus hat er vorgetragen, er sei schon rechtlich an der Arbeitsaufnahme in Portugal dadurch gehindert gewesen, daß er für Portugal weder ein Visum noch eine gültige Arbeitserlaubnis gehabt habe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche und ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20./21.09.1993 nicht aufgelöst worden i...